
Ei, ei, ei, Eggcitement
Es ist Ostern – wenden wir uns den Eiern zu. Als ich diesen Plan fasste, war mir noch gar nicht klar, was ich damit für ein Fass aufmachen würde. Denn Eier sind an sich schon sehr komplex. Und dann erst noch im Zusammenhang mit Ostern. Und anderen Themen.
In diesen Tagen sieht man sie ja überall. Natürlich auch bei uns, denn ich habe eine Oster-Deko-Kiste, über deren Inhalt ich jedes Jahr wieder ähnlich überrascht bin wie zu Weihnachten über die Weihnachts-Deko-Kisten. Und was man nicht hat, gibt es zu kaufen: Als halb aufgebrochene Schale aus Porzellan sind die Eier Eierbecher oder Blumentöpfe, aus Filz sind sie Aufhänger oder Eierwärmer, sie sind Deko zum Stehen und Hängen, für drinnen und draußen, teuer und billig, groß und klein, weiß, braun, gesprenkelt und natürlich bunt angemalt. Schon über die Trends und Traditionen des Eiermalens könnte ich Seiten füllen, genauso wie über alle anderen Arten der Verzierung: Anmalen, kratzen, wachsen, umhäkeln, beschriften – kaum etwas, was es nicht gibt an Kunst am Ei, welches wiederum roh sein kann, gekocht, ausgeblasen, aus Gips, aus Plastik oder aus Pappmaschee. Wer sich darüber gleichzeitig informieren und totlachen will, dem sei der YouTube-Clip rund um die Kroatischen Eierkratzerinnen (https://www.youtube.com/watch?v=MAHnyS1SOb0) empfohlen.
Und genau da liegt der Hase im Pfeffer: Dieser Spot ist natürlich nur deshalb so witzig, weil man mit der traditionellen Tätigkeit der Eierkratzerinnen keineswegs ein schönes Hühnerei assoziiert, sondern Eier, die es eigentlich gar nicht gibt. Genau. Es tut mir leid, aber hier und heute räume ich mit einem Mythos auf, der sich aus unergründlichen Gründen hartnäckig hält. Hier ist die Wahrheit: Männer haben keine Eier. Ich hatte es schon immer geahnt, und extra für die Oster-Kolumne meinen schlauen Freund Chat GPT gefragt. Er hat sich erst ein wenig gewunden, doch dann hat er zugegeben, dass es keine männlichen Menschen gibt, die Eier haben. Das, was sie so gerne als Eier vor sich hertragen, sind Ellipsoide, also die dreidimensionale Ausführung eines Ovals. Oder zweier Ovale im besten Fall.
Ich kann verstehen, dass sie gerne Eier hätten. Nicht umsonst sind die Eier, aus denen so viel Leben kommt, im Frühling das Symbol für den Neuanfang und an Ostern sogar für die Auferstehung. Und wir, liebe Damen, haben davon bei unserer Geburt ein bis zwei Millionen. Bis wir sie dann brauchen können, ist die Anzahl der Eizellen zwar auf 300 bis 400 000 geschrumpft, aber ich würde sagen: Damit kann man arbeiten. Und dann kommen die Männer mit ihren zwei Fake-Eiern, aus denen sie sogar ohne mit der Wimper zu zucken das Sprichwort „Eier haben“ ableiten. Ist das nicht verrückt? Sie haben gar keine und machen so einen Wind darum! Nun kann ich nur hoffen, dass es diese Kolumne nicht bis nach Italien schafft oder dort gar übersetzt wird, denn wenn man jenseits der Alpen sagt, ein Mann habe keine Eier in der Hose, dann spricht man ihm Mut und Männlichkeit ab, was dort eine strafbare Beleidigung ist (Berliner Morgenpost, 02.08.2012). Merkste was: Alles, was sie tun und sind, gründet sich auf zwei Dinge, die sie nicht haben. Da hätte ich auch Komplexe!
Es gibt da diese Anekdote über Jill Abramson, die von 2011 bis 2014 die erste Chefredakteurin der New York Times war. Sie hatte den Ruf „mehr Eier in der Hose zu haben als die New York Yankees“ (Der Spiegel, 09.01.2012). Kein Kunststück, würde ich sagen, denn auch wenn ich aus dem Matheunterricht wenig behalten habe, dann zumindest, dass Null mal egal was Null bleibt.
Aber seien wir ehrlich – rund um das Ei gibt es ja viele Dinge, die wir nicht verstehen: Von der einzigartigen Beschaffenheit – fest und durchlässig zugleich – über die bis vor kurzem noch bestehende Unberechenbarkeit der Oberfläche bis hin zur richtigen Kochzeit. Zwei Rätsel rund ums Ei möchte ich an dieser Stelle noch lüften, und, nein, es ist nicht die Frage danach, was zuerst da war, das Huhn oder das Ei.
Erstens: Was hatte es mit dem Ei des Kolumbus auf sich – also, hatte der etwa nur eins? Darauf kann ich leider nicht antworten, wahrscheinlich war diesbezüglich alles in Ordnung mit ihm und seinen Ellipsoiden, aber die Legende besagt, dass man Kolumbus nach der Entdeckung der Neuen Welt vorwarf, dies sei doch keine besondere Leistung und jeder hätte dies vermocht (zumal er sich bekanntlich nur verfahren hat, Anm. der Autorin). In einer Runde von Kritikern soll er die Anwesenden gefragt haben, wer es wohl schaffen würde, ein Ei so auf den Tisch zu stellen, dass es nicht umfiele. Als keiner die Aufgabe lösen konnte, soll er einfach die Spitze des Eis eingedrückt und das Ei mit seiner frischen platten Stelle hingestellt haben (was ja auch nur so halb gilt, finde ich). Das Ei stand auf jeden Fall wie eine Eins und Kolumbus hatte sein Ziel erreicht. Er hatte zeigen wollen, dass jeder das mit dem Ei genauso hätte tun können – aber nur er hatte es so getan!
Und sicher fragen Sie sich auch, warum im Titel dieser Kolumne „Eggcitement“ steht? Ein schönes Wort, oder? Ich stieß darauf, als ich über männliche Eier recherchierte. An sich wundert es einen ja nicht, dass die Herren der Schöpfung für ihre beiden dreidimensionalen Ovale und alles, was damit zu hat, die schönsten Wörter finden. Dieses hier stand als Beschreibung bei einem Gerät, das man (und nur man) für bestimmte Anlässe im Internet kaufen kann. Wer wissen will, was es ist und tut, muss es selbst suchen, es verspricht auf jeden Fall „EGGCITEMENT PUR“.
Was es alles gibt. Ich bin da genügsam und sage nur: Wer jetzt immer noch glaubt, dass Männer Eier haben, der glaubt auch, dass DER Osterhase sie bringt!