Wetterfarbe: Grau

Eigentlich rede ich ungern über das Wetter. Es hat so was von Themenmangel und Unnötigkeit, finde ich. Eigentlich vertrete ich vehement die Ansicht, das Wetter müsse man nehmen wie es ist. Schließlich ist es für alle, die gemeinsam an einem Fleck leben, demokratisch verteilt: geteiltes Leid und geteilte Freud. Wetter ist Wetter, fertig aus. Und eigentlich war meine Kolumne für dieses Wochenende auch schon fast fertig, aber dann ging ich gestern Morgen nochmal ins Schlafzimmer. Da war die Terrassentür auf und es war – wieder mal – schweinekalt. Nun muss man wissen, dass ich nicht so der verfrorene Typ bin und selbst vom 1. Mai – Wetter noch sagte „So schlecht war es doch gar nicht“. Aber als ich dieses graue, nasskalte Wetter über unserer kleinen Terrasse hängen sah, an der am bisher einzigen sonnigen Wochenende der letzten acht Monate vorschnell der Frühling eingekehrt war, nur um wieder zu erfrieren, da wurde mir plötzlich so was von kalt, dass ich mir den dicksten Winterpulli aus dem Schrank holte und meinen Kindern befahl, ihre Winterklamotten zu tragen, alles, dass ich sie nicht noch in den wolligen Schal einwickelte und die langen Unterhosen rausholte.

Natürlich wurde es ihnen und ganz besonders mir im Lauf des Tages zu warm damit – auch so ein Nachteil dieser Wetterlage: Fast immer ist man falsch angezogen – also nicht modisch, sondern temperatürlich: Morgens zu dünn, mittags zu dick und grundsätzlich ohnehin zu unelegant, was ja aber nicht direkt was mit dem Wetter zu tun hat…

Warum ich Ihnen das alles schreibe? Es musste jetzt einfach mal von der Seele. Haben Sie zwischen den Zeilen gelesen, dass wir hier seit acht Monaten Scheißwetter haben? Ja, haben wir, und deshalb ist mir auch kein vornehmeres Wort dafür eingefallen. Angeblich soll ja der Januar sehr sonnenreich gewesen sein, allerdings, da sind sich die Wetterdienste einig, in Teilen Deutschlands auch der kälteste Januar seit dreißig Jahren und auf jeden Fall erstmals seit 2010 wieder kälter als der Mittelwert. Das ist natürlich schöner, als wenn bereits im Januar ein Wärmerekord aufgestellt wird – das will ja nun auch keiner mehr haben – aber kalt ist es halt doch. Vom Februar erwartet man ja in der Regel ohnehin nichts, und in dieser Hinsicht hat er uns auch nicht enttäuscht. Der März, der Monat des Frühlingsbeginns, wird rückblickend als sehr warm beschrieben – kann ich mich jetzt nicht so dran erinnern. Meine Wahrnehmung ist dunkelster Herbst und Winter, und das seit Oktober! Irgendwann zwischen März und heute war dieser eine Tag, an dem die Basilikum- und Grillkohleumsätze in die Höhe schnellten – ein kurzer Peak, der sich angesichts der sich wiederholenden Kälteeinbrüche bisher nicht durchsetzen konnte. Ich weiß, es war nicht nur kalt und unsonnig, es war auch zu trocken. Ich weiß, wir freuen uns alle auf den Regen. Auf einen schönen Landregen, der, wie ich letztens im Radio hörte, für die Natur so viel mehr bringt als ein Schüttregen. Von mir aus kann es ja regnen, aber doch nicht ständig bei unter zehn Grad! Es kann doch nicht sein, dass mein Lavendel auf dem Balkon erfriert, bevor überhaupt auch nur die Chance hatte zu verdursten! Und dabei, und das ist die schlechte Nachricht, hatten wir es bisher noch nicht mal mit den Eisheiligen zu tun! Die kommen erst am kommenden Wochenende, falls es ihnen nicht zu kalt geworden ist bei uns!

Und weil das alles so schrecklich ist, weil ich mich nur noch dunkel erinnern kann, dass der Himmel auch blau statt grau sein kann (auch wenn ein Radiosender, der das Wetter nicht mehr in Zahlen, sondern in Farben angibt, heute von der „Wetterfarbe Blau“ spricht – keine Ahnung, was die meinen), weil ich einfach wieder mal schön draußen sitzen und meine weißen Gräten in die Sonne halten will, weil ich außerdem auch überhaupt nichts Passendes zum Anziehen habe und alles, was ich bisher an neuer Frühlingsmode gekauft habe – warum auch immer -, ungenutzt im Schrank hängt, weil ich meine Winterjacken nicht mehr sehen kann und die dicken Schuhe auch nicht, weil das alles so ist, habe ich mich heute aufs Lamentieren verlegt.

Vielleicht jammern wie ja ein bisschen zusammen, aber vielleicht wird es heute, wenn der Bodenfrost (BODENFROST!!!) sich verzogen hat, heute ja auch endlich mal schön!