Vorsätze, Trump und Schwarzer

Wie jedes Jahr geht man ja mit irgendwelchen großen oder kleinen Plänen an den Start. Sie nicht? Also, ich eigentlich auch nicht. Eigentlich. Denn so ein bisschen Verbesserungspotenzial hat ja jeder und jede von uns. Mehr Fitness, weniger Fleisch (nicht nur auf dem Teller, sondern auch auf den Rippen), bewusster Konsum, immer mal wieder etwas Kultur, Zeit für Freunde und Familie – die Reihe ist lang und könnte leicht diese Kolumne füllen. Auch die Liste des Versagens wäre dazu geeignet: 80 Prozent aller Änderungswilligen scheitern noch in den ersten Januarwochen, verkündete in diesen Tagen die Süddeutsche. Wir wären also in bester Gesellschaft – wenn wir denn gescheitert wären! Die Folgen des Aufgebens wären tragisch: Monate der Selbstvorwürfe und Versagensgefühle. Warum, warum nur ist das Fleisch so schwach? Und warum kann der willige Geist sich nicht durchsetzen? Schlimmer noch: Wo bleibt der Geist, wenn das Fleisch sowohl schwach als auch willig ist? Fragen über Fragen.

Fast hätte ich es also aufgegeben mit den guten Vorsätzen – wenn sich nicht Anfang des Jahres die Möglichkeit eröffnet hätte, gleich einen zu fassen und zu erledigen. Und das alles an einem Tag! Am 3. Januar habe ich alle Unterlagen für die Steuererklärung 2016 zusammengesucht, geordnet, kopiert und verschickt. Jawohl! Wer mich nicht kennt, kann vielleicht nicht ermessen, was das bedeutet. Das dies passieren würde, ist in etwa so wahrscheinlich wie eine Liebeserklärung von Donald Trump an Alice Schwarzer. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, habe ich den Flow dieses unglaublichen Momentes genutzt und gleich auch noch die Unterlagen für 2017 zusammengesucht, geordnet, kopiert und – noch nicht verschickt. Mir fehlen noch Sachen externer Büros, die mit ihrem Schlamperladen nicht nachkommen. Unglaublich! Und das – nur für diejenigen, die mich nicht kennen – ist in etwas so, als ob Alice Schwarzer auf Donald Trumps Werben eingegangen wäre. Den Rest wollen wir uns lieber nicht vorstellen!

Also weiter zu meinen Heldinnentaten zum Jahresbeginn: Die krankheitsbedingten Absagen zweier meiner Freundinnen in dieser ersten, bedeutungsschweren Januarwoche nutzte ich weiterhin dazu, mein komplettes Büro aufzuräumen. Etwa 10 mittelgroße Kartons mit zu archivierenden Dingen mussten meiner Männer danach in den Keller tragen, ehrlich gesagt, ohne dass man meinem Büro eine große Veränderung angesehen hätte, außer dass ich die drei Meter vom Schreibtisch bis zum Materialschrank jetzt ohne akrobatische Klettereinlage schaffe. Aber ich arbeite dran. Und über den Zustand des Kellers wollen wir an dieser Stelle lieber schweigen. Er böte Potenzial für weitere gute Vorsätze. Aber sicher nicht mehr in diesem Jahr. Die Woche im Januar war zwar sehr fruchtbar, aber sie hat mich auch echt erschöpft. Außerdem finde ich, dass ich vorsatztechnisch für dieses Jahr erstmal ausgesorgt habe. Was soll denn jetzt noch kommen? Mehr Sport, weniger essen, kein Alkohol? Quatsch! Ich habe die Steuerunterlagen sortiert!

Dieses schöne Gefühl musste ich dann gleich mit einer Freundin in der Frankfurter Skyline Plaza feiern. Und mit einem Blüschen oder zweien. Auf der Heimfahrt wurde mir bewusst, dass die Aktion mit der Steuer außerdem extrem nachhaltig ist: Eigentlich hätte ich im nächsten Jahr auf den letzten Drücker die Unterlagen für 2017 gesucht. Mein Steuerberater würde sich sicher freuen, wenn ich den diesjährigen Elan beibehalten würde, und 2019 dann gleich 2018 in Angriff nähme. Aber das mache ich nicht. Ich setze bis 2020 aus. Wenn das mal kein guter Vorsatz ist!

In meinem Jahreshoroskop heißt es übrigens unter anderem: „Sie haben die Kraft, nicht nur zu träumen, sondern diszipliniert und voller Engagement Dinge konkret anzupacken.“ Aber davon lesen Sie nächstes Mal!