Von Weihnachtswahnsinn, Weihnachtsliebe und Optimismus

Kolter- und Glühweinlesung mit Astrid Ruppert und Traudi Schlitt bot kuscheliges Ambiente in der Museumsscheune

Zum letzten Mal in diesem Jahr war die Museumsscheune in Alsfeld Schauplatz einer kulturellen Veranstaltung. Dazu eingeladen hatte der Geschichts- und Museumsverein die beiden Autorinnen Astrid Ruppert und Traudi Schlitt sowie den Pianisten Thomas Walter. Gemeinsam sorgten sie mit Geschichten, Kolumnen und weihnachtlicher Musik am Dritten Advent für Weihnachtsstimmung in der heimelig geschmückten und gemütlich beleuchteten Scheune.

Als ein Gemeinschaftsprojekt von zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, dem Verein und den Künstlerinnen und dem Künstler stellte Traudi Schlitt den Lesenachmittag und -abend vor, angereichert mit kulinarischen und anderen Produkten aus heimischen Geschäften und einer heimischen Künstlerin. Es gab also viel zu sehen und zu genießen anlässlich der literarischen Adventsstunden, zu denen das Publikum sich mit allerhand warmen Sachen – von der Styropormatte bis hin zur beheizbaren Weste -ausgestattet hatte. Die Scheune war zur „Kolter- und Glühweinlesung“ nämlich ungeheizt.

„Als wir im Oktober bei knapp dreißig Grad die Idee zu dieser Lesung hatten, konnten wir ja noch nicht ahnen, dass es jemals wieder so kalt wird“, sagte Schlitt zu Beginn der Lesung, nicht ohne Andeutungen auf die erotikarme Unterwäsche, die man wohl zu einem solchen Anlass herauskramte. Und dann ging es auch schon los: Die Kolumnistin sprach – eigentlich wie immer – über ihr Zeitproblem, das insbesondere zu Weihnachten gravierende Ausmaße annimmt und offenbar nur der Unfähigkeit geschuldet ist, das Wörtchen „Nein“ zu sagen. Sie unterbreitete sehr kreative Vorschläge zur Einsparung von Energie und kam natürlich auch auf die unglückliche Weltmeisterschaft in diesem Jahr zu sprechen.

Thomas Walter rahmte die Veranstaltung mit so schwungvoll wie gefühlvoll gespielten Weihnachtsliedern ein und schuf damit die ganz besondere Weihnachtsstimmung, die die Autorinnen für ihre Geschichten brauchten.

Aus ihrem Roman „Obendrüber, da schneit es“ las Astrid Ruppert vor. Die Romanautorin und Drehbuchschreiberin sorgte damit für ein Wiedersehen mit alten Bekannten, denn viele Gäste in der Scheune kannten die Protagonisten schon aus dem gleichnamigen Weihnachtsfilm, der alljährlich und natürlich auch in diesem Jahr wieder im Fernsehen ausgestrahlt wird: Waltraud, genannt Waldi, die ihrem angestauten Weihnachts- und Hausfrauenfrust endlich freien Lauf lässt, als ihr Mann die bestellte Bio-Gans vergisst abzuholen. In ihrem Ärger und den überhöhten und oft widersprüchlichen Weihnachtserwartungen konnten sich viele Gäste wiederfinden. Und auch die Trauer von Miriam, die – von ihrem Mann verlassen – zum ersten Mal als Alleinerziehende feiern muss, rührte die Zuhörerinnen und Zuhörer an. Genauso wie Gregor, der junge Pfarrer, der gerne die Predigt seines Lebens halten würde – wenn er könnte.

Zum Abschluss der Lesung berichtete noch einmal Traudi Schlitt von einem sehr, sehr heimeligen Glühweinabend und schilderte eine weihnachtliche Überraschung mit der Brotschneidemaschine, die sie im letzten Jahr die Fingerkuppe gekostet hatte. Mit der Empfehlung, auch das neue ungewisse Jahr optimistisch, zuversichtlich und gespickt mit kleinen Freuden anzugehen, beendete sie ihren Lesepart – nicht ohne die Gäste zum Mitsingen von „Alle Jahre wieder“ anzustiften, was angesichts der ansteckenden Weihnachtsfreude des Klavierspiels von Thomas Walters alle gerne taten. Für sie wie für die Mitwirkenden und die Akteure war die „Kolter- und Glühweinlesung“ zwar eine kalte, aber eine willkommene literarisch-musikalische Abwechslung im vorweihnachtlichen Treiben.

Alle Fotos von Tanja und Tobias Gremmel