Von Schwänen, Spielen und roten Tannen
Weihnachten ist ja an sich schon schwierig, also so für uns Normalos, oder die wir uns dafür halten, aber natürlich ist das kein Vergleich zu dem Weihnachtsstress der Promis. Mir fiel das auf, als Melania, die Gattin dieses merkwürdig frisierten US-Präsidenten, wieder einmal Spott und Häme erntete, die Arme, und zwar für ihre Weihnachtsdeko. Offenbar ist es die originäre Aufgabe der Präsidentengattinnen, das Weiße Haus zu dekorieren, und wahrscheinlich ist das schon allein der Grund, warum Hillary Clinton nicht gewählt wurde: Man stelle sich vor, ihr Mann, Bill, würde das Weiße Haus dekorieren. Mit seinen Vorlieben! Das kann ja keiner wollen.
Also, Melania: Waren es im letzten Jahr noch weißgezuckerte Weihnachtsbäume, die im Foyer der Machtzentrale standen, hat sie dieses Jahr eine Galerie an blutroten zotteligen Tannenbaumimitationen in einen der langen Gänge des Ostflügels gestellt und niemand weiß, was sie damit sagen wollte. Das Internet überschlägt sich mit Kommentaren und Anspielungen, von Ähnlichkeiten mit den Riesenwaschpuscheln einer Autowaschanlage über Ähnlichkeiten mit Tier, dem Schlagzeuger aus der Muppetshow, bis hin zu einem Vergleich mit Riesentampons gingen, aber zu ihrer Ehrenrettung will ich sagen, dass sie es ja auch wirklich nicht leicht hat. Sie hat wahnsinnig viele Räume auszustatten – da können einem schon mal die Ideen ausgehen. Und ich weiß jetzt auch gar nicht, ob es im Weißen Haus so eine Ecke gibt wie bei uns, wo man jedes Jahr die Weihnachsdeko rausholt und sie dann wieder hinverstaut. Bei den Mengen an Deko im Weißen Haus müsste das ja schon ein kleiner Anbau sein, und so wie ich die First Ladies kenne, will da ja auch keine die alte Deko der Vorgängerin nehmen. Also, ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sich da im Lauf der Zeit ganz schön was angesammelt hat und dass da mehr rumliegt, als bei uns, auch wenn meine Männer das anders sehen.
Und dann wird das dort mit der Weihnachtsdeko ja auch ganz anders zelebriert: Während man meine Aktivitäten wortlos zur Kenntnis nimmt, gibt es bei Melania eine richtige Präsentation: Wenn sie fertig dekoriert hat und den Rest, den sie nicht braucht, wieder verräumt hat, wenn sie die Leiter und die Heißklebepistole wieder an ihren Platz getan hat uns sich die Kleberreste von den Fingerkuppen gekratzt hat, dann zieht sie sich um und schreitet zur Preview der Weihnachtsdeko: Während Mann und Sohn sich vermutlich irgendwo verkrümeln, müssen geladene Gäste und Fotografen „Ah“ und „Oh“ rufen und Fotos machen, und weil so ein bisschen Bling-Bling nicht reicht, wurden im letzten Jahr sogar noch ein paar Tänzerinnen beauftragt, in der damals schneeweißen federähnlichen Deko zu tanzen – es ist ja auch von staatstragender Bedeutung, wie das Weiße Haus zur Weihnachtszeit geschmückt ist, auch wenn Melania es wieder versäumt hat, dem Herrn Gemahl ein wenig Feenhaar aus schüttere Haupt zu kleben. Er hätte sich nur verbessern können, aber man hört, dass er keinen geeigneten Übergangsplatz für sein orangefarbenes Eichhörnchen gefunden hat. Ich denke, man hätte es vielleicht bis zum Ende der Weihnachtsdeko diskret an einen Ast des Baumes im Red Room hängen können oder auf der Spitze im Baum des State Dining Room platzieren können, aber mich fragt ja keiner.
Staatstragend wird es am Heiligen Abend aber nicht nur im White Haus, sondern auch im Buckingham-Palast, wo ja nun tatsächlich eine geschiedene und wiederverheiratete Amerikanerin mit an der Tafel sitzt. Ihr wurde Medienberichten zufolge eingeschärft, dass sie keinesfalls, also gar keinesfalls, die Queen beim Scharadespielen besiegen dürfe, was für die Schauspielerin natürlich ein Leichtes wäre. Aber was tut man nicht alles am Heiligen Abend, um den Familienfrieden zu retten – wer kennt es nicht? Bei Königs ist das allerdings wirklich nicht einfach. Nicht nur, dass man die Queen beim Spielen gewinnen lassen muss, man darf auch nicht vor ihr schlafen gehen – und das, wo sie so eine Nachteule sein soll! Am anstrengendsten allerdings ist das mit dem Umziehen: Sarah Ferguson verriet letztens einer Zeitung, dass sie sich vom Heiligen Abend bis zum nächsten Abend, im Vereinigten Königreich ja der eigentliche Tag der Bescherung, siebenmal habe umziehen müssen, unter anderem elegant zum Entgegennehmen der königlichen Weihnachtsbotschaft, danach leger zum Spaziergang, danach wieder festlich zu einem luxurösen Dinner. Für mich wäre das nichts, denn ich ziehe mich sehr ungern um, auch ohne Weihnachten. Meistens wird, was da liegt und noch geht, genommen mit dem festen Plan, sich zu einem bestimmten Termin oder Anlass nochmal ordentlich anzuziehen. Ist es dann soweit, schaue ich an mir herunter und denke, geht nomma, wie der Oberhesse und die Oberhessin sagen würden. Und wenn man ein Kleid anziehen will, braucht man ja auch wieder Strumpfhosen und stellt bei der Gelegenheit fest, dass die Beine winterlich unrasiert sind, und vielleicht bräuchte man auch noch ein wenig Shapewear, was das Ganze auch wieder eher unbequem macht. Und so muss es bei uns am Heiligen Abend auch mal reichen, wenn ich die Schürze ausziehe – sofern ich eine anhatte. Mit ein wenig Glück lag morgens was Gescheites auf dem Gewandsessel und wenn nicht, egal. Und in der Kirche lässt man ja ohnehin den Mantel drüber…
Nochmal zurück zu den Royals: Bei meinen Recherchen habe ich erfahren, dass die Queen laut eines Erlasses aus dem 16. Jahrhundert Besitzerin so gut wie aller Schwäne auf der Insel ist und das Recht hat, diese auch zu essen. Macht sie aber nicht. Sie zieht wie alle ihre Landleute Truthahn vor – eine Präferenz, die die Truthähne sicherlich gerne an die Schwäne abgeben würden. Aber es fragt sie ja auch keiner. Die Truthähne gibt es übrigens auch für alle Bediensteten. Das ist bei uns übrigens genauso: Da darf ich an Weihnachten mit am Tisch sitzen. In den Klamotten vom ganzen Tag und in der armseligen Deko aus den acht Kisten in der Abstellkammer. Und weil das genau das ist, was ich will, fühle ich mich an Weihnachten inmitten meines kleinen Hofstaates eigentlich sehr königlich. Was will man mehr?
https://www.bento.de/haha/melania-trump-praesentiert-die-weihnachtsdeko-2018-im-weissen-haus-die-reaktionen-sind-perfekt-a-20dd5876-ff99-4aaa-b07f-c924e91a2311
https://www.huffingtonpost.de/entry/weihnachten-bei-den-royals-diese-skurrile-regel-mussen-die-gaste-befolgen_de_5c1116a8e4b00e17a534ccf3?ncid=other_huffpostre_pqylmel2bk8&utm_campaign=related_articles