Von menschlichen Abgründen in Mietshäusern, Hotels und anderswo
… und von einer ganz besonderen Lesung in beeindruckendem Ambiente
Wenn man eine Lesung veranstaltet, dann hat man ja so die Hoffnung, dass dies ein paar Menschen interessiert. „Ein paar Menschen“ als Anzahl der Interessierten wörtlich zu nehmen, ist da eigentlich nicht geplant. Und doch: Obwohl zu unserer Krimi-Lesung in den Räumen des sicher sagenumwobenen Literaturladens Wist in Potsdam nur zwei (!) Gäste kamen, die nichts mit uns zu tun hatten, und von denen auch noch einer frühzeitig ging, waren wir frohen Mutes. Denn wir hatten ja uns. Wie schön! Wer wir sind?
Andrea, Claudia, Gudrun, Matthias und Traudi. Und wir schreiben seit Sommer vergangenen Jahres gemeinsam mit Hanne Landbeck vom schreiberk Berlin an unseren Krimis. Online. Wir teilen unsere Texte auf einem eigens eingerichteten Portal und treffen uns in abwechselnder Besetzung einmal wöchentlich auf Zoom. Dort diskutieren wir unsere Geschichten, checken sie auf Plausibilität und Glaubwürdigkeit. Wir prüfen Stringenz und versuchen die eine oder andere Verzettelungstendenz abzuwenden. Von Hanne haben wir jede Menge Handwerkszeug gelernt: Von der Entwicklung der Charaktere über die Perspektive bis hin zu den richtigen Zeitebenen. Und bei all dem haben wir einen Riesenspaß und freuen uns, unsere Krimis gemeinsam zu entwickeln.
Wir kommen aus Alsfeld, Berlin, Köln und Stade (!) und gehen ganz unterschiedlich an unsere Mordgeschichten heran: Während bei mir (Traudi) die Kleinstadt Alsfeld als Mikrokosmos wichtiger Teil der Geschichte ist, stellt Matthias den Täter (oder die Täterin?) sehr mit prominent ins Zentrum der Handlung. Andrea seziert das erzwungene Beziehungsgeflecht in einem Mehrfamilienhaus, Claudia wartet mit schaurigen Arrangements ihrer Mordopfer auf und Gudrun lässt in einem Münchner Hotel ihrer Mordlust freien Lauf.
Dass wir uns nun – abgesehen von einer Ausnahme – alle zum ersten Mal live und in Farbe sehen konnten, verdanken wir einer kleinen Schnapsidee von einer gemeinsamen Lesung, die immer konkreter wurde. Nicht zuletzt, weil Hanne mit ihrer unfassbaren Potsdam-Connection, die uns das eine oder andere Mal schon ganz wunderbare Kurse auf der Freundschaftsinsel beschert hat, dran blieb und uns die Lesung in Literaturladen Wist organisiert hat. Wir waren begeistert und drei von uns nahmen dafür auch kleine bis mittelgroßen Reisen auf sich. Und trotz der etwas spärlichen Resonanz hatten wir einen tollen Abend am Französischen Nationalfeiertag. Und die Entourage, die unseren Autor und zwei Autorinnen begleitete, war dazu noch über alle Maßen freundlich und motivierend. Selbst der eine uns bis zum Schluss verbliebene Gast ermunterte uns, unbedingt weiterzumachen. Wenn das mal kein Ansporn ist!
Der einzig wahre Wermutstropfen war, dass unsere Kursleiterin Hanne wenige Tage, bevor es losgehen sollte, vom Virus heimgesucht wurde und wir sehr, sehr schweren Herzens auf ihre Anwesenheit verzichten mussten. Wir hätten sie so gerne bei uns gehabt.
Aber wie dem auch sei: Wir haben Talent, aus allem das Beste zu machen, auch wenn es uns nicht gelungen ist, nach der Lesung im Restaurant Lewy die Sperrstunde noch ein bisschen herauszuzögern. So hieß es viel zu früh Abschiednehmen und auf ein nächstes Treffen im Äther zu hoffen. Den Plan einer weiteren Lesung, wenn dann mal alle unsere Krimis fertig sind, den verfolgen wir vehement weiter. Weil’s so schön war. Und weil wir endlich mal alle was mit Hanne „in echt“ machen wollen.
Danke für die Bilder, Joachim Gärtner!