URLAUBS-ICH

Na, alles ausgepackt, gewaschen, gebügelt und weggeräumt?! Die Ferien sind vorbei, der Alltag kehrt wieder ein und mit ihm das altbekannte Alltags-Ich, das wir im Urlaub hinter uns gelassen hatten. Wenn wir Glück hatten. Ich zumindest will im Urlaub immer gerne jemand anders sein. Auf gar keinen Fall eine Touristin. Sie etwa? Am liebsten wäre ich dann, je nachdem, wo ich gerade bin, in diesem Jahr Holländerin oder Französin gewesen. Und Holland und Frankreich bieten sich dazu ja auf den ersten Blick an, weil wir ja gar nicht so verschieden sind. Denkt man.

Allerdings fragen wir uns in Holland jedes Mal vom ersten Tag an, warum offenbar alle Menschen so gut gelaunt und freundlich sind. Kaum jemand in irgendeinem Laden oder Lokal, der nicht noch ein freundliches Wort für einen übrighätte und einen mit blitzblanken Zähnen anstrahlt. Egal, wo man ist, man fühlt sich gleich irgendwie mittendrin. Fragt sich: Was macht die Holländer so gechillt? Die können doch nicht flächendecken und permanent bekifft sein – obwohl sie ja dürften! Sind sich auch nicht. Sie sind einfach irgendwie entspannter. Und das, obwohl ihr kleines Land ständig vom Wasser bedroht ist. Oder vielleicht genau deshalb. Sie genießen den Augenblick. Sie essen köstliche Sachen wie Dubbelvla und Krabsalade, trinken komisches Bier wie Amstel und Heineken und sitzen bei Wind und Wetter draußen. Weil sie wissen, dass sie es sich nicht leisten können, auf noch schöneres Wetter zu warten, das kommt oder nicht. Und dass man bei meist durchwachsenem Wetter auch schön braun wird, wenn man nur oft genug unter der Sonne oder unter den Wolken am Meer oder im Straßencafé sitzt, das sieht man auch: Holländer sehen immer so aus, als kämen sie gerade frisch aus dem Urlaub, mindestens aus der Karibik. Und sie machen den Eindruck, als fühlten sie sich auch so. Also: Von den Holländern lernen heißt chillen lernen. Und das tun sie auch schon auf ihren Verkehrsschildern kund: Meine Freundin wohnt in einem kleinen, engen Dorf. Was ja in Holland ganz normal ist. Klein und eng, meine ich. Den Ortseingang ziert ein Schild, darauf eine Schnecke und der Hinweis: „Dit dorp is niet gebouwd voor snelverkeer“ Ist das nicht süß? Sagen Sie sich das doch mal laut auf! Holländisch ist, finde ich, eine der goldigsten Sprachen der Welt, und wenn ich nicht ständig unter Zeitdruck stünde, hätte ich es schon längst gelernt. Für den Anfang beschränke ich mich mal auf Verkehrsschilder: „scheve bomen“ und „slechte wegdek“ raten weiterhin zum Langsamfahren, was in Holland, dem Land der Entschleunigung, ohnehin nicht anders geht. Selbst die Hühner haben hier Vorrang: „Opgelet! Overstekende Kippen“ verbietet nicht etwa das Anzünden von Zigaretten, sondern schützt das Federvieh (Achtung! Hühner kreuzen!). Damit ich dieses wunderbare Holland-Gefühl auch zuhause genießen kann, nehme ich mir immer alle möglichen Fressalien mit. Und was passiert: Daheim am Alltags-Esstisch schmeckt das ganze Zeug nur halb so gut! Gut, dass ich für das länger anhaltende Hollandgefühl dann doch was Besonderes mitgebracht habe. Nicht, was Sie denken. Ich bin in Bezug auf Rauschmittel sehr einfach gestrickt. Mir reichen dann schon ein Kettchen, ein Röckchen und ein paar Stiefelchen! Die halten echt lange und man fühlt sich direkt heel Nederlands!

Sprachlich gesehen bin ich allerdings bei den Franzosen viel besser aufgehoben. Wir verstehen uns einfach gut! Und diese Nonchalance in den Straßencafés beherrsche ich auch Eins A! Hinsetzen, Weinchen bestellen, Leute anschauen. Am besten natürlich, man kauft sich noch eine französische Zeitung und tut so, als würde man jedes Wort verstehen. Das sieht dann auch noch intelligent aus! Was mir aber bei aller Frankophilie ein ewiges Rätsel bleiben wird, ist wie die Pariserinnen komplette Tage in Pumps und immer frisch gestylt überstehen. Die rennen doch genauso durch die Métro wie die Touris. Und während bei mir trotz übelster Gesundheitsschuhe nach nur drei Tagen an beiden Füßen jeweils vier Pflaster klebten, blieben die Französinnen auch dieses Mal wieder so elegant wie eh und je. Sie haben es einfach, das gewisse Je-ne-sais-quoi. Und was das ist, weiß ich leider auch nicht… Ich muss da, glaube ich, noch mal hin!