Trick 17 oder die Not-To-Do-List(e)

An einem dieser schönen Sommerabende saß ich mit vier sehr sympathischen, sehr gutaussehenden und sehr intelligenten Frauen bei meinem Lieblingsitaliener. Wir hatten schon etwas Aperol zu uns genommen und auch etwas Rotwein, was die oben genannten Attribute allesamt noch ein wenig verstärkte, als wir begannen, uns unsere Geheimnisse zu erzählen (natürlich nur unter der Bedingung, keine Kolumne draus zu machen, versteht sich).

„Ich habe eine neue To-Do-Liste“, sagte verschwörerisch lächelnd die eine von uns und zeigte ihr neuestes Tool, ein kleines Notizbuch, mit dem sie der Zeit und ihren Tücken endlich ein Schnippchen schlagen wollte, am Tisch herum. Es war sehr ordentlich geführt und in verschiedene Bereiche eingeteilt, und es nötigte uns allen sehr viel Bewunderung ab. Mir auch ein bisschen Neid, denn so etwas Ordentliches hatte ich schon sehr lange nicht mehr gesehen. Wo denn auch?! „Ich habe jetzt eine Short-List und eine Long-List“, berichtete ich von meinen Anstrengungen in dieser Richtung, und verschwieg, dass die Long-List, also die mit den Aufgaben ohne festen Termin und folglich ohne jeden Druck, eigentlich eine Todesliste für Jobs ist, die irgendwann im großen Nirwana der unerledigten Dinge schweben. Dort werden sie viele weitere merkwürdige Dinge treffen, die einem im Lauf des Lebens so abhandenkommen, und vermutlich dafür sorgen, dass ich noch lange nach meinem eigenen Tod als Geist in unserem Haus werde spuken müssen, bis sie alle erledigt sind.

Jede von uns Frauen – mit oder ohne Familie, angestellt oder selbstständig, allesamt hyperaktiv – hatte eine andere Variante vorzuweisen, einige sogar digital auf dem Smartphone. Und plötzlich wurde uns klar, dass wir damit nicht etwa die Zeit beherrschen, sondern die Listen uns. Auf diese Erkenntnis mussten wir gleich nochmal einen Primitivo trinken, als ich von einer ganz neuen Art Liste erzählte, die mir bei der Lektüre meiner diversen Fachzeitschriften untergekommen war: die „Not-to-do-Liste“. Eine gute Idee, speziell für den Urlaub, fand ich, denn darauf schreibt man einfach alles, was man nicht tun möchte. Und das ist ja gerade in dieser schönen Zeit des Jahres eine ganze Menge. Und so habe ich mich jetzt, kurz vor meinem mir selbst genehmigten Jahresurlaub von drei Wochen, hingesetzt und mir eine Not-to-do-Liste geschrieben, die ich gewillt bin, akribisch einzuhalten. Was ich die nächsten drei Wochen NICHT tun möchte – in wahlloser Reihenfolge:

vor acht Uhr aufstehen (scheitert schon am kommenden Montag an einem Zahnarzttermin) / kürzer als eine halbe Stunde frühstücken (könnte klappen) / den Computer anschalten (sehr schwierig) / auf die Frage „Was machen wir denn heute?“ antworten (nicht einfach) / fragen „Was soll ich denn heute kochen?“ (relativ leicht, da eh niemand antwortet) / Steuererklärung machen (sehr leicht, mache ich schon die ganze Zeit!) / auf meine Figur achten (der beste Plan von allen!) / an mein Bürotelefon gehen (auch sehr leicht, AB ist an!) / immer erreichbar sein (fast unmöglich) / ständig Mails abholen (vielleicht mal das Internet am Smartphone ausschalten?) / „Ja, ich kann“ sagen (nur mit einem Knebel zu schaffen)

Wie Sie sehen, sind da ganz schön schwierige Sachen dabei! Das mit dem Computer zum Beispiel ist zehnmal unwahrscheinlicher als das mit der Figur oder der Steuererklärung. Aber ich probiere es, man muss auch mal große Ziele haben!

Diese Liste mache ich mir jetzt jeden Tag aufs Neue (kommt gleich auf die To-do-Liste) und abends streiche ich dann ganz stolz alles, was ich nicht gemacht habe, durch. Vielleicht kommt ja mit wachsender Erfahrung, was ich alles lassen kann, noch das eine oder andere hinzu. Und wer weiß, vielleicht ergänze ich ja auch nach dem Urlaub meine Short und Long Lists mit der Not-to-do-Liste.

Wenn Sie noch nicht im Urlaub waren, probieren Sie es doch auch mal: Es liegen herrliche Zeiten vor uns, glauben Sie mir!