Traudi am Steuer

Vor wenigen Tagen musste ich wieder meinen Mann anrufen. Ich lag im Schwimmbad auf der Wiese und dachte, es wäre vielleicht doch nicht ganz so günstig, wenn mein Auto eventuell mit aufgerissener Ölwanne oder einem anderen Schaden an der Straße stehen würde und ich damit am Ende nicht mehr heimkäme.

Das kam so: Der Schwimmverein trifft sich endlich wieder, aber es war zwischen der Schule meines Sohnes, meiner Videokonferenz und dem Start keine Zeit mehr, für das Fahrrad zu packen, also nahmen wir eben schnell den Golf. Es war Dienstag, das Schwimmbad hatte seit wenigen Tagen auf und es war an die 30 Grad. Man kann sich also vorstellen, wie die Parksituation rund um das Bad war, zumal auf Teilen des Parkplatzes auf den ersten und zweiten Blick unsortierte Halteverbotsschilder standen, deren Rolle niemandem klar war und die auch niemanden groß beeindruckten. Später hörte ich, dass dies eine Vorsichtsmaßnahme sei, da die Markierungen nach der Sanierung des Platzes noch fehlten, was zumindest die etwas anarchistische Parkerei erklären dürfte. Da Anarchie mir durchaus liegt, ich dann aber doch nicht genau an einem Halteverbotsschild parken wollte (Warum eigentlich nicht? Alle anderen taten es auch!), fuhr ich auf die Wiese direkt am Parkplatz. Dort parkten schon viele Autos, die aber – wie ich mir im Nachhinein dachte – von der Straße aus hingefahren waren. Ich sah einen fetten Begrenzungsstein liegen, an dem vorbei ich schwungvoll auf die hübbelige Wiese fuhr. Und dann rrrrrraaaaaattttttschschsch – dieses Geräusch, wenn sich auf der Unterseite des Autos unerwünschte Dinge abspielen. Ich war auf einen Stein aufgefahren, der hinterhältigerweise völlig mit Gras zugewachsen war. Ich fuhr zurück und wieder rrrrrraaaaaattttttschschsch. Okay, dachte ich. War scheiße jetzt. Ich fand in direkter Nähe zu diesem Unglücksort einen schönen Parkplatz und stiefelte erstmal mit meinem Sohn ins Schwimmbad. Dort umfing mich direkt dieses unglaublich schöne Sommer-Freibad-kühles Nass-Gefühl, ich schwamm ein paar Bahnen, las in meinem Sylt-Krimi und dachte plötzlich, da war doch was!

Als ich meinen Mann anrief und sagte, du, ich habe vorhin das Auto aufgesetzt, sah ich ihn vor mir, wie er den Kopf schüttelte. Wenn jetzt schon Öl ausgelaufen wäre, wäre das eher schlecht, meinte er, allerdings völlig ungerührt, obwohl ihm die Zeit, die zwischen Aufsetzen und Melden vergangen war, absolut unverständlich war, zumal ich als Frau eines Feuerwehrmannes es eigentlich besser wissen müsste. Aber er kennt mich einfach. Er weiß, dass ich die Frau bin, die auch mal versucht, über die bordsteingefasste Schottergrenze zwischen zwei Parkreihen zu fahren, oder die, weil es grade so schön chillig ist, ohne Überholambitionen hinter einem Traktor herfährt, um genau da plötzlich doch zu beschleunigen, wo ein Blitzer steht und die Aktion festhalten kann. Ich bin die Frau, die gerne mal die Parklücke diagonal füllt und die im nagelneuen Auto ihres Mannes eine Viertelstunde lang erfolglos versucht hat, den Sitz zu verstellen. Ich bin die, die sich vom vollautomatischen Scheibenwischer bevormunden lässt, weil sie ihn nicht zum Aufgeben bewegen kann, und diejenige, die mit halbem Rad auf der Bordsteinkante parkt. Ich bin diejenige, die Warnhinweise, die als Symbole im Cockpit auftauchen, mit dem Handy fotografiert, an ihren Mann verschickt und fragt, ob sie jetzt noch weiterfahren darf. Oder eben die, die die falsche Zufahrt auf die Parkwiese nimmt, denn irgendwo muss eine gewesen sein, den Autos nach zu urteilen, die später dort standen.

Mein Mann kam auf jeden Fall zügig an den Ort des Geschehens, checkte das Fahrzeug und gab telefonisch Entwarnung. Ich musste nicht mal die Liegewiese verlassen und konnte weiterchillen. Vielen Dank dafür!

Mit mir und den Autos ist das so eine Sache. Als ich noch Quasi-Single war, konnte ich sogar Reifen wechseln und Autos an- und ummelden. Ich konnte den Ölstand checken und zum TÜV fahren. Ich konnte das Auto waschen und aussaugen. Heute kann ich nur noch fahren und tanken. Denn seit ich einen Mann habe, der sich um all das andere kümmert, ist das wie ein Rundum-Sorglos-Paket. Und obwohl einen das auch so ein bisschen unmündig macht, ist es einfach schön, bei den vielen möglichen Unbilden des motorisieren Lebens die Notfallnummer zu wählen, hinter der sich ein kompetenter, hilfsbereiter, lösungsorientierter Mensch befindet.

Wenn dann allerdings – Hightech macht’s möglich – mich mein Mann in Potsdam anruft, weil das Auto ihm per App gepetzt hat, dass es seit Stunden unverschlossen an der Straße steht, dann fühle ich mich doch so ein bisschen bevormundet mit Tendenz zu kontrolliert. „Wenn du das schon weißt“, heische ich ihm dann am Telefon zu, „dann schließe die Kiste doch auch ab.“ Und wisst ihr was: Genau das macht er dann. Und ich weiß dann auch ganz ohne Kontroletti-App, was er in dem Moment macht: abschließen und fett grinsen.