Spielerfrisuren
Endlich wieder Fußball! Endlich wieder Zeit, sich lästernderweise und fernab jeglichen sportlichen Wissens als Fußball-Expertin zu betätigen. Schließlich gibt es – auch aus weiblicher Sicht – allerhand zu sagen. Zum Beispiel über die Frisuren der belgischen Kicker. Hat die jemand von Ihnen gesehen? Nein? Also, die sind gelb.
Als ich mich vor wenigen Tagen so ein bisschen gelangweilt in das Spiel Belgien gegen Italien zappte, dachte ich schon, unser Fernseher hätte pünktlich zur EM den Geist aufgegeben. Da waren so viele gelbe, wackelige Punkte auf dem Bildschirm. Ich stellte meinen Blick scharf und war für einen Moment beruhigt: Der Spieler hatte nur eine gelbe Mütze auf. Aber warum? Ich stellte schärfer und stellte fest: Das waren Haare. Der Belgier Marouane Fellaini hat sich extra zur EM seinen Wuschelkopf gelb gefärbt. Aus geheimen Quellen wird gemunkelt, dass es sich bei ihm wie bei dem Lockenschopf seines Mannschaftskollegen Axel Witsel um eine Variation des berühmten Paul-Breitner-Gedächtnis-Afros handelt – ob das den Belgiern allerdings was nützen wird, darf bezweifelt werden. Und das mit dem Gelb ist ja auch eher Geschmacksache. Bei den Belgiern allerdings nicht, da gehört die gelbe Haarpracht zum Gesamtoutfit: Radja Nainggolan sticht durch seinen gelben Irokesen hervor, und Batshuayi Michy hat seinen Dreadlocks gelbe Spitzen verpasst, was offenbar auch einige Spieler anderer Teams inspiriert hat: Der Franzose Kingsley Coman und der Österreicher David Alaba tragen ebenfalls Gelb in den Spitzen. Vielleicht sollen die gelben Zeichen diskret das Anspiel erleichtern, vielleicht war es auch nur eine blöde Wette, wer weiß das schon genau. Vielleicht auch einfach nur dieselben Fehlgriffe in einen Farbtopf, der eigentlich nur zur Ausbesserung der Bandenwerbung der Post am Spielfeldrand stand. Neben diesen etwas gelbstichigen Varianten sieht man auf dem Spielfeld ansonsten gerne Man Buns – das sind Männer-Dutts, die Frisuren also, die auf Männerköpfen so aussehen wie ein zugebundener Müllbeutel -, des Weiteren Pferdeschwänze, viele schüttere Häupter und vollständige Glatzen. Sogar eine Vokuhila-Frisur wurde schon gesehen, der kroatische Fußballspieler Luka Modric trägt sie, dabei wissen wir doch alle: Es gibt nur ein‘ Rudi Völler….
Schnurbart fiel mir bisher übrigens nicht auf – den kann außer Rudi Völler sowieso keiner tragen, und wenn ich sage keiner, dann meine ich auch keiner, denn Rudi Völler kann ihn eigentlich auch nicht tragen. Vollbart derzeit schon, wie wir wissen. Ein besonders schönes Beispiel bietet hier James Collins, der walisische Innenverteidiger, mit seinem flammendroten Soßenstopper, den kein einziges Haupthaar stört und der von zahllosen Sommersprossen liebevoll umsprenkelt ist. Auch sein Teamkollege Joe Ledley trägt einen der wallendsten Bärte dieser EM. Zwei echte Typen, kann ich Ihnen sagen!
Ist Ihnen was aufgefallen? In dieser Liste ist kein einziger deutscher Spieler zu finden. Einzig Jérôme Boateng, mein Lieblingsnachbar, tut sich mit einer interessanten Rasurfrisur hervor – man darf bei der heutigen Haarmode allerorten zur Erklärung dazu sagen, auf dem Kopf -, bei allen anderen herrscht gähnende Langeweile. Außer beim Trainer natürlich. Der hat zwar im Moment wegen seiner gekonnten Taschenbillard-Einlage die Lacher auf seiner Seite, aber Schwamm drüber. Er ist einfach der bestaussehende Trainer der EM und er hat so eine, so eine schöne Frisur. Seinerzeit soll ja sogar das Lied „Du hast die Haare schön“ eigens für ihn geschrieben worden sein. Und vielleicht sind ja die deutschen Spieler zumindest frisurentechnisch weitestgehend unscheinbar geblieben, um ihrem Häuptling Jogi Nivea Man einfach mal diesen Teil des heiligen Rasens komplett zu überlassen. Ich könnte es verstehen. Obwohl Jogi das natürlich nicht nötig hätte. Schließlich ist er in seinen körperbetonten Hemden, gutsitzenden schwarzen Pullis und perfekten Anzügen der Inbegriff von Eleganz am Spielfeldrand, wie schon der Designer Michael Michalsky neidlos zugeben musste: „Wenn die Nationalmannschaft so spielt, wie er sich kleidet, dann müssten wir die EM gewinnen.“
Ich bleibe für Sie am Ball! Traudi Oliver Oliver Matthias Mehmet Schlitt