Mehr Zeit?

Hatte ich jetzt eigentlich schon mal was über die Zeitumstellung geschrieben? Was ganz Kleines vielleicht vor Jahren – man sollte ja auch meinen, dass erstens alles gesagt dazu gesagt ist und dass man zweitens mal kurzfristig die Hoffnung hegen durfte, sie würde aufgehoben. Letzteres hat sich wohl doch zerschlagen, was hoffentlich keinen nachhaltig schlechten Eindruck auf das Demokratieverständnis der Europäischen Union hinterlässt, und Ersteres ist mir eigentlich egal, da ich mir dazu heute, am Tag der Zeitumstellung, wieder mal so meine Gedanken dazu machte.

Aus einschlägigen Quellen wusste ich ja, dass die Uhr wohl zurückgestellt wird. Nach längeren Berechnungen (Wenn es morgens um sieben ist, ist es eigentlich erst sechs und dann könnte man ja noch ein bisschen liegen bleiben…), dämmerte mir, dass das bedeutete, eine Stunde mehr zu haben. Oder doch nicht? Doch! Oder?

Also – eine Stunde mehr! Und ist das ja ein bisschen so, wie wenn ein Termin ausfällt: Erst denkt man, wow, da habe ich ja jetzt mächtig viel Zeit übrig. Und aus Erfahrung weiß man ja, was damit passiert – eigentlich nix, denn nahtlos geht man zum nächsten Punkt auf der To-Do-Liste über. Bei der Zeitumstellung ist es aber ein wenig anders, denn da hat man ja wirklich einmal eine Stunde mehr. EINE STUNDE MEHR! Eine Stunde mehr von 2020 ist natürlich so ein bisschen überflüssig, aber dennoch: Man könnte sie nutzen. Schon am Vorabend könnte man sie bereits voller Vorfreude versaufen oder am nächsten Morgen teilweise verschlafen, verlesen, im Bad mit ausgedehnter Körperpflege verbringen oder verfrühstücken. Wollte man all dies tun – oder vier andere Dinge, für die Sie jetzt gerne mehr Zeit hätten-, dann könnte man eine Viertelstunde länger schlafen, lesen, frühstücken oder pflegen, sprich: Man würde es eigentlich gar nicht merken, oder? Und ehrlich gesagt merke ich es im Sommer ja auch nicht, dass ich eine Stunde weniger habe. Ich stehe einfach auf, wenn es Zeit ist und fertig. Und so ganz genau weiß man ja nie, also weiß ich nie, was das eigentlich bedeutet mit der Zeitumstellung und wozu sie jetzt genau gut ist:

Wird jetzt die Uhr vorgestellt oder zurück? Wird es jetzt früher hell oder später dunkel oder umgekehrt oder gar nichts? Und diese komischen Tricks mit den Gartenmöbeln helfen mir auch nicht: Im Herbst werden sie zurückgestellt in das Gartenhaus – ist klar, oder? Also wird wohl auch die Uhr zurückgestellt. Aber im Frühling werden die Möbel doch auch zurückgestellt, nämlich dahin wo sie hingehören: Auf den Balkon, in den Garten oder auf die Terrasse. Wird dann die Uhr wieder zurückgestellt? Manchmal, ganz kurz, habe ich den Eindruck, alles verstanden zu haben, aber spätestens als mir klar wurde, dass ich – sollte die Zeitumstellung aufgehoben werden -, für die Sommerzeit plädiere und somit für lange, ausgedehnte Sommerabende, also für die nichtnormale Variante, die ja die im Vergleich dazu schöne Winterzeit ist, war mir klar, dass die Zeit und ich nicht nur im Alltag schwer zusammenkommen, sondern auch das große Ganze mit uns nicht so richtig klappt. Wahrscheinlich saß ich genau deshalb dann am Sonntagabend auch völlig ungerührt zur üblichen Stunde vor meinem Sonntagskrimi, also dem um 22:15 und fragte mich, ob ich nun müder oder wacher sein müsste als an den Sonntagen zuvor. Kann mir das vielleicht mal kurz einer sagen?

Am Ende dieses um eine Stunde längeren Sonntagmorgens jedenfalls verbrachte ich die meiste Zeit damit, durch das Haus zu gehen und die Uhren umzustellen. Wobei dies auch mein Mann schon gemacht hatte, aber nur teilweise. Was – neben den Uhren, die sich selbsttätig umstellen – erheblich zu meiner Verwirrung beigetragen hat. Nicht zu vergessen meinen Computer, der sich – obwohl er angeblich auf dem neuesten Stand ist – beständig weigert, automatisch seine Zeit umzustellen, was ihn mir auch wieder irgendwie sympathisch macht. Und dann noch mein Auto: Die Uhrzeit in dem eigenwilligen alten Mini umzustellen, ist stets eine kleine Herausforderung, auf die ich in diesem Frühjahr verzichtet habe – mit dem Vorteil, dass ich es auch jetzt wieder lassen kann. Und damit am Ende doch noch fünf Minuten kostbare Zeit gewonnen habe. Macht zusätzlich zu den ersparten fünf Minuten vom Frühjahr schon zehn.

Oder?

Nachtrag: Mit der Zeit ist es ja so eine Sache. Also, mit der Wochenzeitung, meine ich jetzt. Keine Ahnung, wer Zeit hat, sie zu lesen und am Ende noch Leserbriefe zu schreiben! Dennoch: Ich habe sie jetzt mal im Abo, die Zeit. In diesen Zeiten kann es ja nicht schaden, wenn man ein wenig Zeitungspapier übrighat. Man hört ja schon wieder von bestimmten Knappheiten…