Lieblingsfehler

Da war er wieder, mein Lieblingsfehler! Und wie jedes Mal, wenn er mir hinterhältig auflauert, könnte ich mich – wenn ich es könnte – in den Allerwertesten… Sie wissen schon. Welcher Lieblingsfehler, wird mein Mann fragen. Meint sie, dass sie sich keine Zahlen merken kann und nie genau weiß, was auf unserem Konto so los ist? Welcher Lieblingsfehler, werden meine Freunde fragen. Meint sie, dass sie ihre Termine nicht im Griff hat und dauernd unsere Verabredungen absagen muss? Welcher Lieblingsfehler, wird mein Redaktionsleiter fragen. Meint sie, dass sie uns ständig ungespeicherte Dokumente schickt und ewig noch das richtige Dokument hinterherschicken muss?

Nein, das meint sie alles nicht, das sind ja nur so Zweit- und Drittfehler. Sie meint ihr Namenserinnerungs- und vertauschungsproblem. Gerade in der letzten Woche hat es wieder gnadenlos zugeschlagen, als ich aus einem Herrn Selzer einen Herrn Sommer gemacht habe und es, wie in meinem Job leider nun mal üblich, auch gleich wieder für alle lesbar in der Zeitung stand. Knapp sechseinhalbtausendmal. Wie schön! Mein Redakteur weiß, wovon ich spreche. Ich kann aus jedem Namen etwas machen. Meist etwas anderes. Woher das rührt, keine Ahnung. Es muss etwas mit meinem Unterbewusstsein zu tun haben. Hinterhältig ist das Ganze, weil die Namen der Leute in meinen Artikeln in der Regel auch ein- oder zweimal richtig sind, sodass man beim Korrekturlesen gerne mal drüber weggeht. Warum mir die Fehler dann aber immer sofort ins Auge stechen, wenn sie in tausendfach gedruckter Form vor mir liegen, ist mir ein Rätsel. Wahrscheinlich auch so was Unterbewusstes.

Ich habe schon aus einer Frau Weiß eine Frau Klein gemacht, aus einer Ulrike eine Ute, aus einer Daniela eine Kerstin (oder war es umgekehrt?) und aus einem Mann den bekannten österreichischen Schriftsteller Arthur Schnitzler, worüber weder der eine noch der andere sich wohl freuten bzw. gefreut hätten. Fast dramatische Auswirkungen hatte es, als ich den Ort Udenhausen seinerzeit mit Grebenau gleichsetzte, nicht ahnend, dass diese Beziehung auch ohne meinen Fehler schon hochbrisant war. Und das sind nur die Aussetzer, die mir spontan einfallen! Richtig peinlich war, was mir mit der Schauspielerin Ina Rudolph passiert ist. Sie wollte nämlich den Beitrag über ihre kulinarische Lesung in Alsfeld gerne auf ihre Website stellen. Ich ahnte, dass dies mein Durchbruch sein würde, dass es sich endlich manifestieren würde, dass ich zu mehr berufen bin, als für die OZ zu schreiben, und schickte ihr freudestrahlend meinen Beitrag in die Hauptstadt. Dass ich heute noch hier an diese Stelle für Sie schreibe, lässt erahnen, dass irgendetwas furchtbar schief gegangen ist. In den Beitrag über die Lesung schlich sich nämlich – vorlaut wie sie nun mal ist – die von mir sehr verehrte Ina Müller. Was natürlich Ina Rudolph sogleich bemerkte und für eine Veröffentlichung nicht so wirklich vorteilhaft fand. Aus die Maus. Mir nichts dir nichts richtete ich eine Word-Option ein: Wann immer ich nun das Wort „Ina“ schreibe, kommt das Wort „Rudolph“ hinterher. Ich hoffe, dass ich das merke, sollte ich jemals über Ina Müller schreiben. Leider hat mich dieser Trick nicht vor einem weiteren Fehler geschützt. Ina Rudolph war nämlich bereit, mir eine zweite Chance zu geben. Auch in diesem Jahr wollte sie meinen Beitrag wieder auf ihre Website stellen. Leider habe ich da vergessen, den Untertitel meines Beitrages zu korrigieren, sodass dieser sich noch auf die Lesung vom Vorjahr bezog. Mein zweitliebster Fehler, zumindest zeitungstechnisch. Ja, ja, wenn erstmal der Wurm drin ist…

Gut nur, dass die Zeitung von heute morgen schon wieder Altpapier ist. Auch wenn sie sechseinhalbtausendmal gedruckt wurde. Ansonsten bleibt mir nur übrig, für ein wenig mehr Fehlertoleranz zu werben – bei mir und bei Ihnen. Schließlich macht nur derjenige keine, der gar nichts tut… Und das wollen wir dann ja auch nicht!