Konfi-Modus
Es war Himmelfahrt, Tag -3, wenn man die Zwilli-Konfirmation auf Tag 0 setzte. Und ja, ich hatte schon längst vor, in den Konfi-Modus zu wechseln. Überall türmten sich die To-do-Listen, Gästelisten und Einkaufszettel, allzeit bereit, ständig neue Infos aufzunehmen – Papier ist ja geduldig, sofern man es nicht verlegt… Die Aufregung im Haus steigerte sich minütlich, nur ich kam nicht vom Schreibtisch los. Bis das gnädige Schicksal in Form einer unbedachten Handbewegung mir zu einem totalen Office-Abschuss am PC verhalf: Keine Mails mehr, kein Schreibprogramm mehr – der Konfi-Modus hatte sich militant Bahn gebrochen, jetzt gab es kein Entrinnen mehr.
Der Konfi-Modus ist etwas, das besonders Frauen – dem Weihnachts-Modus nicht unähnlich – unvorbereitet trifft und sie zu neuen, noch größeren Höchstleistungen anspornt. Schon Monate vor der heißen Phase kurz vor dem hohen Fest wirft er seine Schatten voraus: Die Wahl der Location samt Essen und Deko, den schweiß- und (an der Kasse) tränentreibenden Kauf von Klamotten und Schuhen (zumal im Doppelpack), das Verteilen der Kuchen auf ehrenamtliche Bäckerinnen und Bäcker (Kleiner Tipp für die kommenden Feste: selbst ein Viertel Kuchen pro gerechnetem Gast ist noch zu viel, wie sich leider wieder einmal erst im Nachhinein herausgestellt hat. Und ja, auch dieses Mal ist der in Panik gebackene Ersatzkuchen natürlich übriggeblieben.), das Organisieren der Kirchendeko, die Elternabende und geheimen Chorproben und all die vielen kleinen Dinge, die ich schon wieder vergessen habe, geben einen Vorgeschmack auf die Tage -3 bis 0.
Im Konfi-Modus selbst heißt es dann einkaufen, backen, Stühle von Freunden holen, Tische von Nachbarn holen, Wohnzimmer ausräumen, um Platz für die geliehenen Stühle und Tische zu machen, dabei mal eben an den Stellen durchwischen, die seit der letzten Konfi kein menschliches Auge mehr gesehen hat, Geschirr von Freunden holen, feststellen, dass die Servietten nicht reichen, neue kaufen, Kinder zum Friseur bringen, selbst zum Friseur gehen, Fingernägel machen lassen, Ersatzstrumpfhosen kaufen (denn nur wenn man eine Ersatzstrumpfhose dabei hat, hält die angezogene Strumpfhose), auf die Wetter-App schauen, drinnen und draußen decken (für alle Fälle), den eilends am Samstag herbeigeeilten IT-Mann unschuldig anschauen („Ich hab‘ gar nichts gemacht!“), Fototermin mit den Kindern wahrnehmen, dem IT-Mann einen Kaffee und eine Nussecke kredenzen, froh sein, dass sich am Vorabend der Konfirmation die neuen schwarzen Konfi-Socken doch noch wiedergefunden haben, feststellen, dass keiner an die Blumen für den Pfarrer gedacht hat, der Abend von Tag -1 naht, überlegen, was man alles vergessen hat. Komatös einschlafen, die Nacht wird kurz!
Über den Morgen von Tag 0 wollen wir nicht sprechen – schließlich soll an diesem Tag das hohe Fest im Mittelpunkt stehen. In der Kirche sah ich mit Schrecken, dass die Socken meiner Konfirmanden nicht richtig hochgezogen waren und deshalb ein roter Rand und weiße Beine unter den Anzugshosen hervorlugten. Den Zahnpastafleck auf dem Hemd des einen verdeckte gnädigerweise das Sakko. Ich musste während des Gottesdienstes kaum weinen. Es war alles gut! Bis auf die Kleinigkeit, dass ich aufgrund eines Missverständnisses noch ohne Chauffeur vor der Kirche stand, während alle anderen schon im sieben Kilometer entfernten Lokal ihren Cocktail schlürften und die Handys aushatten. Aber was soll’s, wir wollen ja am Schluss nicht noch pienzig werden!
Wer nun allerdings denkt, dass mit Tag 0 der Konfi-Modus automatisch endet, den muss ich eines Besseren belehren. Noch heute, am Tag 6, ist nicht alles wieder so wie es war, dabei klopft doch der Alltag schon wieder mächtig an! Noch sind nicht alle Geschenke verstaut („Das ist ein Nacherleben und keine Unordnung“, tröstete mich unsere Logopädin. Danke!), die geliehenen Sachen noch nicht wieder alle vor Ort (eilt ja jetzt nicht mehr so), die Kuchen sind gerade so aufgegessen, die Deko noch nicht verräumt.
Und damit Sie jetzt mal eine richtige Vorstellung davon kriegen, was für einen Stress ich hatte: Am Tag -1, vergangenen Samstag also, erreichte mich ein Tchibo-Paket mit der neuesten Helene-Fischer-Kollektion. Was meinen Sie, wann ich das ausgepackt habe? Gestern. Kein Witz! (War übrigens nichts für mich dabei, ich bin wohl nicht so der Helene-Fischer Typ.) Gut, dass ich trotzdem noch was zum Anziehen hatte…
Die nächste Feier kommt bestimmt! Gute Nerven wünscht
Traudi Schlitt