Kick them

„Grab them by the pussy, you can do anything you want – Greif ihnen zwischen die Beine, du kannst tun, was immer du willst.“ Mit solchen Aussagen wird man im Jahr 2016, nein, nicht Macho-Arschloch des Jahres oder Ehrenmitglied beim sogenannten IS, sondern US-amerikanischer Präsident. Dass Donald Trump solche Sachen in diesem Jahrtausend in einem zivilisierten – bisher jeden Falls hielt man die USA dafür – Land überhaupt noch sagen kann – neben allem anderen, was er unkontrolliert herauswürgt -, ist das eine. Das andere ist, dass er dennoch, DENNOCH gewählt wurde. Und das nicht nur von dummen, alten, armen Männern, sondern auch von gebildeten, wohlhabenden Männern und Frauen, denen es offenbar keinerlei Mühe bereitet, über so einen kleinen Fauxpas hinwegzusehen. Ist ja ohnehin nur einer von vielen. Und ging ja auch nur um Frauen.

Doch was sagt das über den Zustand einer Welt, die sich rühmt, Gleichberechtigung von Männern und Frauen als ganz selbstverständlich zu fordern, und die sie dennoch an so vielen Stellen nicht umsetzt? Solche Typen wie Trump, dachten wir, seien mit Silvio Berlusconi, dem Prototyp des Machos, von der Bildfläche verschwunden. Falsch gedacht. Gerade kommen sie als frauenverachtende Wiedergänger durch jede politische Ritze und verbreiten neben ihren sexistischen Äußerungen in der Regel auch bei Minderheiten jeglicher Art Angst und Schrecken: Putin, Erdogan, Orban, um nur die prominentesten Machos zu nennen; in die Deutschlandliste könnte man mühelos Björn Hoecke und seine AfD-Clique aufnehmen. Im Programm dieser Partei heißt es, man wende sich „gegen schädliche, teure, steuerfinanzierte Gesellschaftsexperimente, die der Abschaffung der natürlichen Geschlechterrolle dienen.“ Mehr noch: Hoecke sieht sich großen Gefahren ausgesetzt durch die Frauen – vermutlich gerade die Frauen in seiner Nähe, und recht hat er, denn wer fürchtete sich nicht vor Beatrix von Storch oder Frauke Petry -, so sehr, dass er im November forderte: „Wir müssen unsere Männlichkeit wieder entdecken. Denn nur wenn wir unsere Männlichkeit wiederentdecken, werden wir mannhaft. Und nur wenn wir mannhaft werden, werden wir wehrhaft, und wir müssen wehrhaft werden, liebe Freunde!“

Da weißte Bescheid, würde ich sagen, und verweise darauf, dass zwischen der Haltung Hoeckes und der von Mr. Trump eine große Bandbreite sexistischer, frauenfeindlicher Äußerungen und Handlungen liegt, schon allein, wenn man sich auf die Politik beschränkt: Nicht selten werden Frauen im Bundestag mit Äußerungen über ihr Äußeres oder ihren Hormonstatus abgewürgt oder zumindest aus dem Redefluss gebracht – nicht öffentlich natürlich, sondern in den Hinterzimmern, wie beispielsweise die TAZ über Peter Tauber berichtete: „Hallo Jungs, wir haben ein neues Problem: Die Frauen Union“, schrieb Tauber demnach an fünf männliche Parteifreunde. Tauber war zu dieser Zeit Bundestagsabgeordneter und CDU-Vorsitzender im Main-Kinzig-Kreis. Niemand wolle für den Vorsitz der Frauen Union kandidieren – ob das verzichtbar sei, fragte Tauber in der Mail. Jedenfalls müsse über die Besetzung mal geredet werden. Verzichtbar seien Frauen „allemal“, so die Antwort des damaligen Geschäftsführers des CDU-Kreisverbands – um dann doch Srita Heide vorzuschlagen, die sei „doch so pseudoengagiert“. Taubers damaliger Büroleiter schlug Katja Leikert vor und sorgte sich zwar, dass diese in der „Schlangengrube“ schnell totgebissen werde – aber „rein optisch wäre sie ein Gewinn“. (https://m.taz.de/Peter-Tauber-und-die-Sexismus-Vorwuerfe/!5339576;m/, 10.3.2017)

Die CDU-Politikerin Jenna Behrends hat in einem offenen Brief den Sexismus in ihrer Partei beklagt – einer Partei, die zwar seit 2005 die Kanzlerin stellt, deren Anzahl weiblicher Parteimitglieder aber seit Anfang der neunziger Jahre bei knapp 26% stagniert. Im Bundestag sind von 310 CDU-Abgeordneten nur 80 weiblich. Laut einem Bericht der Zeit online vom 26.9.2016 hat keine anderen Parte so wenige weibliche Abgeordnete.

Schaut man sich dazu noch an, wie schwer sich manche Parteien mit der Frauenquote getan haben, ist klar, dass die Lage auch im vermeintlich so freien und liberalen Deutschland alles andere als rosig ist. Natürlich gibt es wenige bessere Länder für Frauen um darin zu leben, aber schon allein, dass man das betonen muss, zeigt, dass da irgendwas nicht stimmt.

Auch Politikerinnen oder Frauen, die in Führungspositionen sind, können ein Lied davon singen: Ihr Alltag ist voll von kleinen, fast harmlosen Diskriminierungen, etwa wenn es bei Politikerinnen immer wieder Thema ist, wer sich wohl in ihrer schier endlosen Arbeitszeit um ihre Kinder kümmert. Oder wenn eine junge Journalistin im heute journal vor wenigen Wochen über Jutta Cordt, die neue Präsidentin des BAMF, in ihrer Vorstellungsreportage abschließend sagte: „Die verheiratete, kinderlose Karrierefrau lebt mit ihrem Mann in….“ Geht’s noch?! Ist schon jemals irgendein Mann, der eine Führungsposition übernommen hat, als „Karrieremann“ bezeichnet worden und spielte seine Kinderzahl bzw. seine Nicht-Kinderzahl jemals eine Rolle? Nein. Und schaut man sich an, wie der Begriff „Karrierefrau“ im Duden erklärt wird, dann weiß man auch warum: „Karrierefrau: Frau, die dabei ist, Karriere zu machen, bzw. die eine wichtige berufliche Stellung errungen hat und (oft abwertend) Frau, die ohne Rücksicht auf ihr Privatleben, ihre Familie ihren Aufstieg erkämpft hat.“

Ich würde, um mit dem und über den eingangs erwähnten dirty old man zu sprechen sagen: „Kick them in the ass whenever you see them!“ Oder werdet zumindest nicht müde, euch zu streiten – und das auch noch nach der Frauenwoche!