Hochsommer

Wenn man in unseren Breiten eine Hochsommerkolumne schreiben möchte, muss man sich beeilen – eigentlich muss man schon, ohne dass man groß was erlebt hat, damit anfangen, denn man weiß ja nie, wann der hiesige Hochsommer zu Ende ist. Nicht umsonst sagte vor drei Wochen eine mir nahestehende Dame zu mir: „Ach Traudi, jetzt ist schon Mitte Juni, wir hatten überhaupt noch keinen Sommer und bald ist schon September und dann schon wieder Herbst.“ Genau! Die Zeit rast dahin und – wusch – ist der Sommer vorbei, ohne dass wir es gemerkt hätten. Deshalb genau heute, am 4. Juli, und für alle Zeiten zum Nachlesen: wir haben Hochsommer! Und das nun schon seit einer Woche! Wie geil ist das denn?! Verantwortlich für die Hitzeperiode sind das Hoch „Annelie“ und das Tief „Quintus“. Sie bringen viel Sonnenschein heißen Luftmassen aus Nordafrika – danke dafür, Annelie und Quintus – ich mag euch!

Und jetzt ist es also heiß! Die ersten unter uns fangen schon an, zu jammern, sich – sofern sie sich aus ihren verdunkelten Wohnung wagen – von Geschäft zu Geschäft in den Schutz der Klimaanlagen zu flüchten, sich an der Arbeit mit Wasserpistolen abzukühlen und sich vollständig der spätestens am Nachmittag mit Macht einsetzenden Hitzeverblödung hinzugeben. Für mich bedeuten diese Temperaturen, dass, als ich am Abend anfing, diese Kolumne zu schreiben, meine Arme an der Tischplatte festklebten und ich nur mühsam vorankam. Mein Büro ist unter dem Dach – das Dachfenster war zwar offen, aber es schaffte es in der Tat erst über Nacht, die Raumtemperatur von 35 Grad auf 21,5 Grad abzukühlen. Soll das eine Beschwerde sein? Keineswegs! Ich liebe den Sommer! Ich freue mich, wenn die Luft so warm ist, als würde sie einen umarmen. Ich freue, mich, wenn der Himmel so blau ist, dass er fast platzt vor Farbe. Ich mag es, wenn ich morgens nach dem Duschen vom Abtrocknen schon wieder geschwitzt bin und das Telefon nach kürzester Zeit am Ohr klebt. Und ich freue mich, wenn abends um zehn die Nachbarn draußen noch ein Gläschen Wein für mich haben – zumal wir kurz vor Beginn der heißen Jahreszeit leider unseren Balkon abgerissen haben und das mit dem Draußensitzen grade so ein bisschen blöd ist. Ich freue mich, wenn alle so ein bisschen träge werden vor Hitze – außer unsere Bauarbeiter, versteht sich -, und dann bin ich froh, dass ich mir selbst ein wenig Hitzefrei verordnen kann, um in der Sonne zu sitzen, einen Kaffee zu trinken und nichts zu tun – denn zu viel bewegen soll man sich jetzt ja auch wieder nicht. Die obligatorischen Mahnungen folgen dem Wetterbericht auf dem Fuße: viel trinken, Schatten suchen, slow motion! Das sollte gehen!

Auch die Modebranche beeilt sich nun wieder mit Antworten auf Fragen rund um die Dresscodes in der Arbeitswelt: Darf ein Mann mit kurzen Hosen ins Büro? (Eine Frage, die auch in unserem Haushalt sehr kontrovers diskutiert wird, dicht gefolgt von der Frage, darf ein Mann in der Öffentlichkeit überhaupt kurze Hosen tragen und wenn ja, in welcher Länge?). Darf eine Frau ohne Strümpfe in die Anwaltskanzlei? (Eine Frage, die bei uns nicht ganz so dringlich ist.) In der Fachpresse ist man sich immer noch einig, dass Männer im Business Anzugs- und Krawattenpflicht haben, dass Frauen keine durchsichtigen Sachen anziehen dürfen (von diesem Verbot ausgenommen ist die Berufsgruppe der Krankenschwestern), außerdem geht auch ärmellos nicht und schon gar keine Flipflops. All diese Zwänge gelten natürlich nicht für Bauarbeiter, die in dieser Hinsicht einfach die bessere Berufswahl getroffen haben und – hin und wieder zumindest – auch uns Frauen den einen oder anderen schönen Anblick gönnen. Zwar sind so Typen wie seinerzeit in der schmachtenden Cola-Werbung rar gesät, aber wir sollten gerade jetzt die Augen offenhalten, Mädels!

Und wie geht es nun weiter mit Annelie und Quentin und dem Hochsommer? Noch bis zum 7. Juli soll es so heiß bleiben wie jetzt – und dann, mal sehen. Ich bin mir aber sicher, dieser Sommer macht es uns noch richtig schön!