Handschuhgeschichten
Hommage an die Handschuhe
Sie werden vergessen und verloren, gefunden und geliebt, kommen als Arbeitshandschuhe täglich millionenfach zum Einsatz, und das an allen möglichen und unmöglichen Orten. Handschuhe bergen und wecken Erinnerungen, kitzeln Gefühle hervor und zahlreiche Anekdoten ranken sich um sie. All das und noch viel mehr haben die Goldschmiedin und Künstlerin Victoria Wittek und ich aufgespürt, mit uns getragen, als Kunst in vielfältiger Form wieder herausgelassen und in einem handgemachten Buch gesammelt. „Handschuhgeschichten“ heißt es, und es nimmt seine Leserinnen und Leser mit in ganz unterschiedliche Ansichten des oft schmählich vernachlässigten Alltagsgegenstandes.
Entstanden aus einem Projekt mit mehreren Künstlerinnen und Künstlern, haben sich die Beiträge von Victoria Wittek zum einen auf das – den Handschuhen gewissermaßen in die Wiege gelegten – Thema „Verloren – Gefunden“ fokussiert, zum anderen nahmen sie sich im Verlauf des Projekts mehr und mehr dem Thema „Vergänglichkeit“ an. Im Buch tragen kleine, aufgeschnappte und niedergeschriebene Handschuhgeschichten über verlorene und gefundene Stücke, über einem zugefallene Teile oder über neu zusammengefundene Hand-Schuhe dazu bei, die eigenen Fantasie und Erinnerung anzuregen. „Kaum jemand, der von unserem Handschuhbuch und den Geschichten darin hört, der nicht plötzlich selbst eine eigene Handschuhgeschichte aus seiner Erinnerung hervorkramt“, so Victoria Wittek, die ganz fasziniert auf den zweiten Aspekt ihrer Kunst blickt. Aus Einweghandschuhen hatte sie Bilder hergestellt, die Handschuhe an einem Rahmen verspannt und mit feingearbeiteten Motiven versehen. Die Zeit jedoch zerstörte diese Kunst, die es heute nur noch als Fragment und als Fotos gibt. Genauso wie die „Sonnenkrieger“ – eine Installation, die unter der heißen Sonne des Sommers 2018 ein Eigenleben entwickelte: Ausgetrocknete, hartgewordene Einweghandschuhe auf Stelen, ursprünglich als Platzhalter für noch zu liefernde oder zu findende Stücke gedacht, nahmen eigenständige Formen an, verfestigten sich, wurden ihr eigenes Kunstwerk, das die Künstlerin staunend begrüßte. Auch ihnen ist ein Kapitel in dem knapp hundertseitigen Werk gewidmet.
Ich habe eine Glosse zur Handschuhvielfalt und zwei wunderschöne Handschuhgeschichten erdacht, lebendig und quirlig die eine, traurig, melancholisch und sehr französisch die andere. Die Autorin nimmt ihre Leserschaft mit auf schöne Reisen in das Reich der Handschuhe und zeichnet auch für die meisten Fundgeschichten im Buch verantwortlich. „Unsere gemeinsame Arbeit hat ein wunderbares kleines Werk hervorgebracht!“ Gemeinsam mit der Victoria und Petra von der Druckerei Mergard haben wir die verschiedenen Papiere und die Gestaltung in liebevoller Kleinarbeit nicht nur erdacht und besprochen, sondern letztendlich auch die Bücher zusammengetragen hat: An mehreren Abend im Herbst traf man sich in der Rainröder Schumuckschule, um aus den einzelnen Blättern den Buchblock zusammenzustellen, diesen zwischen die schwarzen, dicken Buchdeckel zu pressen und per Hand zu verschrauben. (Danke, Ruth!) Roter Karton trennt die einzelnen Kapitel ab, auf hochwertigem Papier sind die Beiträge gedruckt, unterbrochen und ergänzt von Transparentpapier, das neugierig macht, durchscheinen lässt und das Buch gemeinsam mit den anderen Elementen zu der Augenweide macht, die es ist.
Erhältlich ist das kleine, aber feine Werk direkt bei den Künstlerinnen (Victoria Wittek: Schmuckschule Rainrod, 06638 918391, www.schmuckschule.de, Traudi Schlitt: 0160 94481358, www.traudi-schlitt.de) oder in Alsfeld exklusiv in der Buchhandlung Lesenswert am Rathaus.
Es kostet 39 Euro, für 52 Euro bekommt man es gemeinsam mit einem kleinen silbernen Handschuhanhänger.