Freibeuterin

Also, ich wusste es ja schon immer, und ich hätte es auch für mich behalten, aber jetzt kann man es ja ganz öffentlich nachlesen: Ich bin eine Freibeuterin der Liebesmeere! Jawohl! Warum mein Mann so gelacht hat, als ich ihm das am Frühstückstisch vorlas, weiß ich bis heute nicht, aber das tut auch nichts zur Sache.

Die Astrologin Edda Constantini von der Fachzeitschrift „myself“ kennt mich wirklich! Obwohl ich zugeben muss, dass ich auf einige Dinge noch warte, die sie als gegeben voraussetzt: In Sachen Liebe und Sex würde es nämlich bei mir „so busy zugehen wie im Airbnb-Topseller auf Ibiza mit Pool und Dachterrasse“. Könnte ich jetzt im 20. Jahr meines Ehelebens nicht so direkt sagen, hört sich aber interessant an!

Jetzt hoffte ich nur, dass die Fachfrau nicht jedem Sternzeichen solch tolle Sachen attestiert, schließlich will man, zumindest im erlauchten Club der Liebesmeerfreibeuterinnen, in dem sich übrigens alle Wassermannfrauen mit Freuden tummeln dürfen, unter sich bleiben. Aber was soll ich sagen: Exklusiv geht anders:

Die Fischefrauen dürfen im „kosmischen Sandkasten sitzen und dank Venus ganz hemmungslos ihrem Spieltrieb nachgeben“, während eine „Welle der Leidenschaft über sie hinwegfegen wird wie ein karibischer Hurrikan“. Joh, hört sich auch nicht schlecht an, oder? Bei Widderfrauen reihen sich „vielversprechende amouröse Phasen aneinander wie bei einer Perlenkette“, während, tut mir jetzt echt leid für die Stierinnen unter Ihnen, deren Liebesleben so „vertraut und verstaubt daherkommt wie ein Autorenfilm“. Ach nein, schau an, auch hier ein Hoffnungsstrahl: Später im Jahr „glitzert Venus lüstern in Goldpailletten“. Puh, das ging ja nochmal grade so gut! Und die Zwillinge? Für Sie, liebe Damen, halten „Venus und Mars mehr als nur ein Bett im Kornfeld bereit!“ Also, rein die Hippie-Jeans, Daumen hoch und auf Jürgen Drews warten oder was? Da könnte ich mir zur Not auch noch was Schöneres vorstellen. So wie die Krebsdamen: Ihr Liebesleben wirkt wie „ein Multiple-Choice-Test ohne falsche Antworten“, im April leuchten sie wie „eine Lavalampe aus den 60ern, gutes Essen und grandioser Sex sind garantiert!“. Wo bitte kann man nochmal sein Sternzeichen ändern lassen?

Das frage ich natürlich nicht für mich, denn ich kenne mich natürlich mit beidem bestens aus – besonders das mit dem guten Essen hab‘ ich drauf -, sondern für die Löwinnen, die sich darauf beschränken müssen, dass sich zumindest bei Paaren die im „Frühling saisonal üblichen Gefühle einstellen“. Naja, besser als gar keine Gefühle, oder?

Wenden wir uns den Jungfrauen zu, die sollen ja auch mal zum Zuge kommen, und das tun sie wohl, und wie: In deren Liebes- und Sexleben geht es zu wie „in einem wilden Garten, in dem es so bunt wuchert wie in einem Bühnenbild von Tim Burton. Waagefrauen indes müssen tapfer sein: Ihnen droht eine „Intimlücke“. Ich hoffe, das ist nix, womit sie zum Frauenarzt müssen, sollte man aber vielleicht mal abklären lassen. Die Fachfrau empfiehlt den Waagefrauen – allerdings ohne auf Risiken und Nebenwirkungen einzugehen – daher, es doch mal mit Wischen bei Tinder zu probieren. Also, mit denen will man dann lieber auch nicht tauschen.

Skorpioninnen haben „im Dschungel ihres Unterbewussten die wildesten Gefühle“ – wer kennt’s nicht? –, und Schützefrauen dürfen sich endlich, nachdem „Spaßbremse Saturn ihr süßes Leben gezügelt“ hatte, auf einen Hormon-Boogie-Woogie einstellen und auf eine aktive Rolle in einem kitschigen Liebesfilm. Will man das oder kann man nochmal umbestellen? Bleiben noch die Steinböckinnen, ein echtes alternatives Sternzeichen, finde ich, fühlen sie sich doch wie „in einem Vergnügungspark, der nie schließt, mit Erotik ohne Ende!“

Wenn ich gewusst hätte, dass das alles in nur einer Zeitschrift zu finden ist, hätte ich mir viel Geld sparen können, denn ich habe noch die Horoskope von emotion, Brigitte, Maxi und Für Sie in petto. Ich heb die mal auf und werde Ende des Jahres mal Bilanz ziehen. Dann nämlich soll ich, wenn ich Frau Constantini Glauben schenken darf, auf ein Jahr zurückblicken, das bunter wirkt als das Holi-Festival in Neu-Dehli. Bis dahin setze ich jetzt mal meine Segel und fahre auf meinen Liebesmeeren rauf und runter. Welche das sind, wollen Sie wissen? Na, die Schwalm und die Krebsbach!