Faszien-ierend!

Neulich hatte ich eine interessante Begegnung, eine faszinierende geradezu. Ich bin meinen Faszien begegnet. Zugegeben, es war recht schmerzhaft, aber mein Osteopath sagte mir, das sei nur am Anfang so. Faszien sitzen wohl irgendwo zwischen Haut und Knochen (wobei da in meinem Fall auch noch gewisse andere Schichten mit im Spiel sind, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte) und sind ein „bandförmiges, sehr reißfestes kollagenreiches Gewebe, das alle Teile des Körpers zusammenhält“, finde ich die Erklärung im Internet, und dazu sehr plastisch beschrieben: „Ohne Fasziengewebe wären wir ein Haufen Einzelteile!“ Ah-a!

Wenn ich meine Faszien regelmäßig bearbeiten würde, erst mit der weichen, dann mit der mittleren und bald auch mit der harten Rolle, würde ich es bald nicht mehr spüren. Meine Faszien würden sich entspannen und dafür sorgen, dass ich weiterhin so schön beweglich bliebe wie ich bin. Was mir ganz recht wäre. Und man muss ja auch ständig an sich arbeiten, schließlich leben wir im Zeitalter der Selbstoptimierung, in dem wir selbst schuld daran sind, wenn wir faltig, krank und unbeweglich werden. Allerdings müsste ich zu diesem Zweck irgendwie ein intimeres Verhältnis zu meinen Faszien entwickeln, was sich nicht nur als schmerzhaft, sondern auch als zeitintensiv herausstellt. Wobei wiederum die Definition von „zeitintensiv“ auch sehr personenkreisabhängig ist. Während ich nämlich in meinem übervollen Tagesplan keine zehn Minuten sehe, die ich mich relativ unbekleidet, ungestört und ungesehen auf dem Fußboden eines unserer vollgestellten Zimmer über die Faszienrolle wällern könnte (wie der Oberhesse sagen würde), glauben die Faszien-Fanatiker, dass zehn Minuten am Tag doch wohl gar kein Problem seien. Seine Faszien bearbeitet man am besten auf einem glatten Untergrund. Den hätten wir im Wohnzimmer. Dort allerdings öffnet ein großer Glasgiebel den Blick zu unseren Nachbarn, die sicher sehr viel Freude an meinen Übungen hätten. Wie dem auch sei: Natürlich war ich von der ersten Faszienbegegnung und der Logik dahinter so fasziniert, dass ich mir gleich eine Faszienrolle gekauft habe, für Zuhause. Mit Übungs-CD. Woran erinnerte mich das bloß?

Genau! Es war noch gar nicht allzu lange her, dass ich in großer Versuchung war, mir eine Pilates-DVD zu kaufen. Auch da scheiterte es an der möglichen Ausführung, denn unser Fernseher (für die DVD) steht unglücklicherweise in unmittelbarer Nähe zu besagtem Glasgiebel. Wäre natürlich die Möglichkeit geblieben, sich die Pilates-Übungen abends gemütlich bei einem Glas Wein auf der Couch anzusehen, was sicher auch eine positive Auswirkung auf meinen Allgemeinzustand gehabt hätte. Wenn auch nur sehr indirekt auf meinen körperlichen. Mir fiel der Bauch-weg-Trainer ein, den ich mir vor vielen Jahren einmal voller Hoffnung und mit den besten Vorsätzen gekauft hatte. Heute teilt er sich ein eher vernachlässigtes Dasein mit einem Thera-Band, einem Pezziball, einem Fuß-Reflexzonen-Massageroller, einem Keilkissen, einem Paar Walkingstöcken und einem High-Tech-Rudergerät (das ich hiermit unkompliziert zum Verkauf anbiete) – stumme, traurige Zeugen eines guten Willens, der dennoch nicht zu Taten geführt hat. Das hat man ja manchmal. Ich zumindest. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. Und wenn doch, erwacht sie immer wieder neu! So habe ich mir vor wenigen Monaten ein Buch gekauft: „Fit ohne Geräte für Frauen – Trainieren mit dem eigenen Körpergewicht“. Von Letzterem hätte ich durchaus genug, sodass das Training sehr effektiv sein könnte, wenn…

Wenn ich zu dem Zeitpunkt damit angefangen hätte, an dem ich das Buch gekauft habe, würden Sie mich vermutlich jetzt schon nicht mehr wiedererkennen, denn der Trainer verspricht einen knackigen Hintern, eine Brustmuskulatur, die den Busen anhebt, einen Rücken, der sich im Abendkleid sehen lassen kann (endlich!) und Beine, die in Shorts eine gute Figur machen (hmmmm!)…

Hört sich gut an, oder? Leider habe ich dafür aber gerade gar keine Zeit und keinen Ort und keine Gelegenheit. Außerdem muss ich mich ja jetzt erstmal um meine Faszien kümmern. Die werden sich wundern!

Bleiben Sie fasziniert!