Endlich Herbst!

Gott sei Dank, der Sommer ist vorbei! Endlich! Was haben wir nicht doch noch geschwitzt, gerade im September! Und was hatten wir nicht für einen Stress mit der ewigen Draußensitzerei, dem Hugo, dem Bier und dem Aperol! „An so einem schönen Abend kann man doch nicht einfach so auf die Couch!“ Ich höre sie noch, meine selbst verfassten Sommerregeln, auch die, dass man bis zum Einbruch der Dunkelheit aktiv zu sein hat – schließlich ist der Sommer kurz in Deutschland und im Vogelsgebirge erst recht. Und so hatte man bis vor wenigen Tagen noch ständig das Gefühl, jetzt müsste nochmal der Balkon aufgeräumt werden, jetzt die letzten eingefrorenen Grillvorräte mit Freunden verfressen werden, jetzt noch mal schnell ins Schwimmbad, und jetzt vielleicht doch nochmal die Beine rasieren – die Rocksaison schien und schien überhaupt nicht enden zu wollen! Da kann man doch schon mal schlapp werden, finde ich, wenn man dauernd dem Sommer nachläuft, der in diesem Jahr zwar erst keine Anstalten machte zu kommen, dann aber auch ums Verplatzen nicht aufhören wollte. Wie eine Diva zog er den unvermeidlichen Abschied immer nur noch ein wenig raus, um es uns noch ein wenig schwerer zu machen. Endlich hat das mal ein Ende! Endlich wieder Jeans, Stiefel, Pulli und Jacke, endlich ist es wieder egal, wie man unten drunter aussieht – so von wegen Sommerteint und Strandfigur!

Hört sich ein bisschen so an, als wollte ich mir schön reden, was ich ohnehin nicht ändern kann? Schließlich würde ich den Sommer kaum wegschicken, wenn er denn mal da ist, er geht ja von sich aus, aus freien Stücken sozusagen. Er verlässt mich! Soll er doch! Mir doch egal! Ja, klar, ein wenig ist das wohl so mit der Schönrederei… Der Sommer ist einfach der Sommer, schön, heiß, gesellig, er ist der George Clooney unter den Jahreszeiten, aber, wie das immer so ist im Leben: Er wäre längst nicht so schön, wenn es die anderen nicht gäbe. Den Sommer, meine ich. Ohne Herbst und Winter wäre der Sommer gewöhnlich, immer da, leicht zu haben. Wer will das schon sein? „Willst du was gelten, komme selten“, ist eine alte Großmütter-Weisheit, nicht die dümmste, wie ich finde. Allerdings tut man den anderen Jahreszeiten auch ein wenig unrecht, wenn man sie so behandelt, als seien sie nur dazu da, den tollen Sommer im richtigen Licht zu präsentieren. Denn eigentlich stimmt das gar nicht, und ich bin auf diese Kolumne auch dadurch gekommen, dass es morgens, direkt nach dem Aufstehen, am offenen Fenster so schön frisch gerochen hat. So ganz anders als die schwere Wärme im Sommer. So, als könne man gar nicht anders, als raus und sich den Kopf frei blasen zu lassen! Tief durchatmen, den neuen, gemütlichen Zeiten entgegen! Sicher, bald wird es grauer werden, der blaue Himmel wird öfter mal ein Päuschen machen, aber was soll’s: Endlich kann man dann wieder guten Gewissens drin bleiben, und Dinge tun, die im Sommer nicht gehen. Is‘ ohnehin so früh dunkel! Heiß und ausgedehnt baden anstatt sich nur fünfmal am Tag schnell kalt abzuduschen, nur im hinterher wieder zu kleben. Man könnte Schränke aufräumen und Socken stopfen – Letzteres waren ja früher schon so klassische Herbst-Winter-Arbeitern. Man könnte sich aber auch auf die Couch setzen und alle angefangenen Stricksachen fertigmachen. Oder auf die Couch legen und bei einem Weinchen alle verpassten Folgen von „Girls“ oder „Games of Thrones“ schauen. Man könnte endlich mal die CD’s archivieren oder den Zeitschriftenstapel umschichten. Man könnte Fotobücher machen von schönen Urlaubstagen, endlich diese schönen Girlanden aus der Kreativ-Zeitschrift basteln, man könnte sich eines dieser tollen Ausmalbücher kaufen und meditativ bei einem schönen schokoladigen Kakao vor sich hin malen. Endlich! Apropos Schokolade. Auch deren Zeit hat wieder geschlagen. Sie macht die kalten und dunkler werdenden Tage ein wenig schöner. Sie ist perfekt für einen Herbstnachmittag bei frischen Waffeln und Regenwetter. Mit lieben Menschen, nur drin statt draußen. Und damit ist er doch eigentlich genauso schön wie der der Sommer, der Herbst, nur anders. Und für alle, die doch lieber auf Hugo und Co. stehen: Den gibt es auch in heiß – als Glühwein. Und damit kann man dann auch im Herbst eigentlich noch richtig gut auf dem Balkon sitzen!