Das Beste kommt zum Schluss!

Heute ist der letzte Tag des Jahres. Und wenn man glauben will, dass das Beste zum Schluss kommt, wird einem schnell klar, dass man von diesem Jahr nicht unbedingt viel zu erwarten hat. Und so hob auch ich zunächst an, in den kollektiven Abgesang auf die Sicherheit, die Kultur, die Völkerverständigung und alles andere einzustimmen, und ergoss mich in die schier endlose Kondolenzliste dieses Jahres des Promi-Sterbens – ein Titel, den sich 2016 wie die vielen anderen negativen Superlative redlichst verdient haben mag.

Allerdings muss ich sagen, die Vorstellung, dass jetzt die österreichische Sex-Expertin Erika Berger gemeinsam mit der lilahaarigen DDR-Ikone Margot Honecker Fidel Castro und Walter Scheel bearbeiten könnte, hat schon was. Zsa Zsa Gabor wäre an dieser Stelle auch eine wahre Bereicherung, während Carrie Fisher ihr ewiges Karma über dieser illustren Gruppe ausbreiten würde: „Möge die Macht mit dir sein!“ Dass das nicht immer so klappt, darüber könnten sich Frau Honecker und Prinzessin Leia trefflich streiten und vielleicht würde Leia sich im Rahmen einer himmlischen Versöhnungsoffensive breitschlagen lassen, Frau Honecker in die Geheimnisse ihrer schönen Schneckenfrisur einzuweihen. Im Paradies soll ja so einiges möglich sein. Liebling Kreuzberg könnte aufpassen, dass alles mit rechten Dingen zugeht und dass Schimanski es nicht allzu sehr krachen lässt. Auch wenn diesem angesichts einiger Mitzeitreisender sicher ab und an der Sinn danach stünde: Gegen ein kleines Kräftemessen mit Knochenbrecher Tamme Hanken, Bud Spencer oder Muhammad Ali hätte er sicherlich nichts einzuwenden.

Und dann erst die neuen himmlischen Heerscharen: Eine wirklich geile Band könnte sich im Himmel zusammenfinden: Peter Behrens von Trio, Rock Parfitt von Status Quo, Glenn Fry von den Eagles, Wölli Rohde von den Toten Hosen, George Michael, Leonhard Cohen, Prince, Roger Cicero, und David Bowie – um nur die Bekanntesten zu nennen, die sicher die Größe hätten, auch noch Achim Menzel, selbsternanntes Original der Volksmusik, mitmachen zu lassen. Dessen Website ist übrigens ein knappes Jahr nach seinem Materiewechsel immer noch online, und dort heißt es, dass er sich sehr freuen würde, mich bald auf einer seiner vielen Veranstaltungen begrüßen zu dürfen! Ehrlich gesagt, Achim, so verlockend dein Angebot klingt – besonders mit deiner neuen Besetzung –, ich würde damit doch gerne noch ein bisschen warten.

Denn, wie auch immer die Nachrichten und Internetportale das nun zurückliegende Jahr bewerten: Ich fand’s schön. Nicht zuletzt, weil meine Lieben und ich auch aus diesem Jahr wieder relativ unbeschadet rausgehen. Mehr noch, wir wissen, dass wir es – jetzt mal abgesehen von dem oder jenem kleinen Minileiden – einfach wahnsinnig gut haben. Und genau das sehen Soziologen als das deutsche Problem: Wer es gut hat, hat auch viel zu verlieren und entwickelt eine diffuse Angst vor Abstieg und Verlust. Und vor Wandel. Den will man unbedingt abwenden – wenn es sein muss, auch gerne mit einfachen Antworten, von denen eigentlich jeder weiß, dass sie weder dazu noch zu etwas anderem taugen. Angesichts dieser unübersichtlichen, von ständigem Wandel bedrohten Zeiten ist man ja direkt froh, wenn sich auf der To-Do-Liste einige Dinge hartnäckig halten. Danke, Ablage 2014 und 2015! Euch nehme ich gemeinsam mit der Ablage 2016 mit ins neue Jahr und ich werde alles dafür tun, dass ihr mir auch im Jahr 2018 erhalten bleibt. Alles andere ist ja fraglich, oder?

Könnte man zumindest meinen, wenn man sich in die politischen Veränderungen von 2016 vertieft. Als Stichworte reichen da ja schon alleine Erdogan, Trump und Petry, um nur einmal ein paar Namen zu nennen, die jetzt nicht gerade heimelige Gefühle bei einem auslösen, außer man ist Erdogan, Trump oder Petry. Bei Frau Erdogan, Frau Trump und Herrn Petry hätte ich da schon Bedenken… Aber man könnte sich auch fragen, was von all den schlechten Nachrichten durch ständige Wiederholung auf allen Kanälen immer nur noch größer und schlechter wird. Was Wahrheit ist und was Fake? Was können wir im postfaktischen Zeitalter der Social-Media, wo jeder sein eigener Nachrichtenmacher ist, noch glauben und welche Schlüsse können wir aus all dem, was wir täglich lesen, hören und anschauen, ziehen? Das ist nicht nur für uns schwierig: Schon 1934 fragte der Dramatiker T.S. Eliot „Wo ist die Weisheit, die wir im Wissen verloren haben? Wo ist das Wissen, das wir in der Information verloren haben?“ Und da gab es noch kein Smart TV und kein Internet!

Und obwohl ich – meistens zumindest, und vermutlich nur meiner multimedialen Unwissenheit geschuldet – vom Internet profitiere, habe ich mich für den Ausblick auf das Jahr 2017 mal auf ein paar recht alte Vertreter besonnen, denen das Internet noch völlig fremd war, die sich keine Zitate googlen konnten, deren Weisheit aber vielleicht größer war als das World Wide Web es jemals sein wird:

„Das Leben gehört dem Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein.” Das sagte natürlich Johann Wolfgang von Goethe, wer sonst! Und Mahatma Gandhi wusste dann wenige Jahrhunderte später auch, wie das geht: „Wir müssen der Wandel sein, den wir in der Welt zu sehen wünschen.”

Also, besser hätte ich es jetzt auch nicht sagen können!

Kommt alle gut ins neue Jahr!