Danke, Wiedi

Eigentlich leide ich unter chronischem Informations-Overkill. Ungefragte Ratschläge, Klolektüre, Insider-Infos aus dem Arbeitsleben, Interviewtermine, Whatsapps, E-Mails, Push-Nachrichten und natürlich die Nachrichten-App des ZDF, die mich mehrmals am Tag per „ZDFheute Eilmeldung“ über die wichtigsten Dinge informiert, die ich dann schlagzeilengroß konsumiere und am Abend keineswegs mehr in den Nachrichtensendungen vertiefen möchte. Erstens, weil es einfach zu viele sind, und zweitens, weil es fast ausschließlich schlechte Nachrichten sind, die aufploppen: Ungeachtet der weltweit schaurigen Gemengelage hat hierzulande leider wieder das C-Virus die Oberhand gewonnen. Stündlich gibt es neue Horrormeldungen, Zahlen, Einordnungen, Ankündigungen, Mutmaßungen und nichts davon ist dazu angetan, einen fröhlich oder zuversichtlich zu stimmen. Und so schaue ich manchmal am liebsten gar nicht sofort hin, wenn sich mit dem schönen Dreiklang der Whatsapp-Nachrichten auch das ZDF mit den latest News zu Wort meldet. Doch diese Woche war alles anders:

Am Donnerstag bimmelte es, ich schaute missmutig und in Erwartung neuer Höchstinzidenzen hin und las: „Der Wiedehopf ist Vogel des Jahres.“ Nun war ich bisher keine ausgesprochene Freundin des Wiedehopfs. Außer dass er bei der Vogelhochzeit der Braut den Blumentopf bringt, wusste ich über ihn nur noch, dass man stinken kann wie er, aber sonst wusste ich nichts über ihn, doch jetzt, jetzt ist er der Vogel des Jahres. Was für eine Nachricht! Schon allein, weil sie so schön unschlecht ist, so unaufgeregt und irgendwie auch ein bisschen egal, habe ich sie in dem Moment gefeiert. Und ich freute mich für den Vogel, der sich in einer öffentlichen Wahl, an der sage und schreibe 142 798 Menschen teilgenommen haben, gegen die Mehlschwalbe, den Bluthänfling, den Feldsperling und den Steinschmätzer durchgesetzt hat. Nun muss ich der Ehrlichkeit halber sagen: Mir wären sie alle als Sieger recht gewesen, schon allein, weil die Nachricht, dass wir einen Vogel des Jahres haben, so schön easy ist.

Obwohl der Wiedehopf sich natürlich mit seinem Super-Paarungsruf „Up-up-up“ deutlich von der Konkurrenz abhebt, wie ich einem spontanen Anfall von Informationsbedarf las. Und auch mit seinem orangeroten Gefieder und seiner markanten Federhaube sieht er deutlich besser aus als die anderen Aspiranten. Und einen coolen Wahlkampfslogan hatte er auch: „Gift ist keine Lösung“ propagierte er. Der BUND meint zwar, der Wiedehopf wolle damit mitteilen, dass er insektenreiche Landschaften brauche und damit gegen die Verwendung jeglichen Insektengiftes ist, aber ich denke, man kann ein Geschöpf seines Ranges auch auf eine metaphysische Ebene heben und ihn als Botschafter gegen Giftmord und gegen Giftselbstmord sehen. Das wäre doch mal eine Botschaft in diesen trüben Tagen.

Apropos trübe Tage: Die kann man sich jetzt mit einem schönen Accessoire aus der Reihe „Upupa epops“, wie der Wiedehopf auf wissenschaftlich heißt, verschönern: Es gibt Wiedehopf-T-Shirts, Wiedehopf-Deko für drinnen und draußen (durchaus für jeden Geschmack), Wiedehopf-Hoodies, Wiedehopf-Tassen und -Teller, Wiedehopf-Kinderspielzeug und das unverzichtbare Standardwerk „Ein Mantel für den Wiedehopf“, das gerade in der kalten Jahreszeit große Relevanz hat. Natürlich gibt es den Wiedehopf bei www.kugelrausch.de auch als Christbaumkugel. Kostet zwar 26,95 Euro*, aber was soll’s? Hey, er ist der Vogel des Jahres!

Und ganz ehrlich: Seit ich gelesen habe, dass er nicht nur „Up-up-up“ ruft, wenn er sich paaren will, sondern auch versucht, das Weibchen mit Futtergaben zu beeindrucken, ist mein Freund Wiedi auch die nächsten Jahre mein heißer Favourite für das Amt des Vogels des Jahres. Auch wenn er nur für eine Brutsaison monogam ist.

Also, ich wähle ihn trotzdem. Und ihr?

*https://www.kugelrausch.de/christbaumschmuck/figuren/natur/tiere/471/wiedehopf?gclid=EAIaIQobChMIr_25tJWl9AIV7wyLCh2BDg_kEAQYASABEgKFK