Berufsberatung

Eigentlich soll man ja nicht lästern, besonders nicht über Dinge, mit denen man sich erwiesenermaßen nicht auskennt. Aber man kommt medial gesehen ja nicht drum herum, um die freundlichen Damen und Herren, die beschlossen haben, das Jahr gemeinsam mit so leckeren Kleinigkeiten wie Kakerlaken und Tiergenitalien zu beginnen, mit Zickenalarm und Machogehabe, um die halbe Nation, die daheim gemütlich bei ihren Chipstüten und Dosenbier auf der Couch vor der Mattscheibe mitfiebert, adäquat zu unterhalten. Und ich glaube, die Damen und Herren Minimalpromis stehen auch eigentlich ziemlich auf Lästern. Ehrlich gesagt, habe ich noch keine einzige Folge vom Dschungelcamp gesehen und habe es auch nicht vor, aber die Häufigkeit der Berichterstattung in seriösen Tageszeitungen und im Radio lässt vermuten, dass es sich bei dem Dschungelcamp um ein Ereignis von nationaler Bedeutung handelt, und so ging ich diesem mal ein wenig nach – und zwar mit einem ganz speziellen Anliegen:

Ich habe ja drei Jugendliche zuhause sitzen, die sich in den nächsten Jahren mit ihrer Berufswahl auseinandersetzen müssen. Und da bisher bei der örtlichen Berufsberatung offenbar nichts Brauchbares herausgekommen ist, wurde ich aufmerksam, als ich die mir bisher weitgehend unbekannten Berufe der Y- bis Z-Promis anschaute. In diesem Jahr sind bzw. waren dabei: eine Ex-Hollywood-Schauspielerin und Ex-Hollywood-Schauspieler-Ex-Gattin, ein Ex-Big-Brother-Container-Bewohner, eine „Fernsehanwältin der Armen“, die gar keine Anwältin ist, eine Ex-Heidekönigin und Gewohnheitsblondine, ein ewiger DSDS-Teilnehmer, ein Ex-Germany’s-Top-Model, ein Ex-Cindy-Crawford-Begleiter, ein Ex-Zweitbester-Rock’n’Roll-Tänzer-Berlins und eine Bordell-Betreiber-Ehefrau mit beachtlichen körperlichen Vorzügen. Im Jahr davor waren noch Ex-Bachelor-Finalisten, Ex-Topmodel-Juroren und Ex-Boygroup-Mitglieder vertreten.

Ziemlich viele Exe, wie es scheint, nur die Bordellbesitzerehefrau ist noch aktuell, was nicht heißt, dass sie nicht vielleicht auch gerne eine Ex-Ehefrau wäre, aber da schließe ich wohl von mir auf andere, vielleicht bin ich auch nur spießig. Jedenfalls finde ich es ganz erstaunlich, womit manche Leute ihr Geld verdienen, und das nicht mal wenig. Die Gage, die sich die hier aufgezählten Ex-Promis in den zwei Ekel-Wochen verdienen können, fängt bei schlappen 40.000 Euro an (die bekommt die letztgenannte Dame, aber die hat ja auch einen gutverdienenden Ehemann) und geht bis 220.000 Euro (die bekommt die Ex-Hollywood-Schauspieler-Ex-Gattin, und die wird sie wohl auch brauchen, schließlich ist sie schon zum zweiten Mal im Camp). Ob die beiden älteren Herren Gunter Gabriel und Rolf Zacher ihr volles Honorar von 195.000 bzw. 185.000 Euro einstreichen können, weiß ich nicht. Schließlich ist Ersterer ja freiwillig gegangen und Letzterer wurde vom Camp-Arzt Dr. Bob, der – man hätte es sich denken können – natürlich kein echter Arzt ist, sondern ein Maskenbildner und Spezialeffektkünstler mit Notfallausbildung, aus gesundheitlichen Gründen aussortiert. Handelt es sich bei Dr. Bob am Ende um denselben, der in den 70er-Jahren, assistiert von Miss Piggy und der hinreißenden Schwester Janice, im OP-der Muppet Show praktizierte und jetzt seinen Promi-Status ein wenig aufmöbeln will? Vermutlich hat er auch nicht genug in die Künstlersozialkasse eingezahlt. Wer weiß, wer weiß…

Bei genauem Hinsehen also alles ziemlich viele falsche Fuffziger und mehr oder weniger Erfolglose, und je mehr ich darüber nachdenke, beschleichen mich doch so meine Zweifel, ob Big-Brother-Container-Bewohner, Fake-Arzt oder Bachelorette-Kandidat für meine Jungs erstrebenswerte Berufe wären. Ich weiß auch gar nicht, wo man sich dazu ausbilden lassen könnte. Vielleicht bei der RTL-Berufsakademie?! Und wenn ich mir die Frauenberufe so ansehe, bin ich froh, dass ich dem Arbeitsmarkt keine Mädchen zur Verfügung stellen muss… Blieben noch die beiden Moderatoren übrig, bei denen ich aber auch Bedenken habe, ob die jahrelange Beschäftigung mit minderbemittelten Mikro-Promis nicht vielleicht doch bleibende Schäden hinterlassen haben. Ich meine, Dirk Bach ist ja dann doch sehr früh verblichen…

Also, dann vielleicht lieber nochmal bei den Spießerberufen schauen. Sind ja eigentlich gar nicht so schlecht!